Bürgerversammlung:Wer darf an der Uhr drehen?

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Die Uhr am Deisenhofener Bahnhofsgebäude gehört immer noch der Bahn. (Foto: Angelika Bardehle)

Oberhaching gehört zwar seit 2014 der Bahnhof in Deisenhofen. Dass dort ständig die falsche Zeit angezeigt wird, kann die Gemeinde aber nicht ändern - dafür wäre die Deutsche Bahn zuständig

Von Iris Hilberth, Oberhaching

Es gibt Dinge, die hätte ein Bürgermeister gerne selbst in der Hand. Weil aber andere zuständig sind, kostet die Sache mitunter viel Zeit und Nerven. Die Uhr am Bahnhof in Deisenhofen ist ein gutes Beispiel dafür. Die geht schon eine gefühlte Ewigkeit entweder falsch oder gar nicht. Man weiß allerdings nie, um wie viele Minuten oder Stunden die Zeiger gerade hinter der echten Zeit herhinken oder ihr vorauseilen. Es wäre doch ein Einfaches für die Gemeinde, das Ding mal reparieren zu lassen, denken sich die Fahrgäste. Das würde Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) auch sofort tun. Darf er aber nicht. Denn zuständig ist die Deutsche Bahn, und bei der dauert meist alles viel länger als man annehmen möchte.

Dabei gehört der Bahnhof selbst seit 2014 tatsächlich der Gemeinde. Sie hat ihn gekauft, um dort eine Gastronomie, einen Kiosk und öffentliche Toiletten unterzubringen. Schelle hatte am Mittwochabend bei der Bürgerversammlung in seinem Vortrag den gut 200 Besuchern die Pläne detailliert erläutert. Doch als die defekte Uhr angesprochen wurde, musste er erklären: "Wir haben den ganzen Bahnhof gekauft. Nur die Uhr nicht, die gehört noch der Bahn." Das klingt so absurd, dass der Bürgermeister selbst darüber lachen musste. Obwohl das Thema Bahnhofsuhr kein neues für ihn ist.

Auch wenn er nach dem geplanten Radschnellweg von Sauerlach entlang der Bahn nach Oberhaching und weiter durch den Perlacher Forst bis nach München-Harlaching gefragt wird, ist selbst einem in Verwaltungsdingen erfahrener Kommunalpolitiker wie Schelle die Verzweiflung über die Vorschriften anzusehen. Die Idee ist bereits vier Jahre alt, sie hätte längst umgesetzt werden sollen, wäre da nicht das Problem mit der Widmung. Aus dem Forstweg muss ein Radweg werden, nur so gibt es eine Förderung. Doch die Bayerischen Staatsforsten befürchten zum einen, dass sie dann nicht mehr mit ihren Forstmaschinen dort durchfahren dürfen. Außerdem verlangen sie eine Rodungserlaubnis. "Dabei stehen dort gar keine Bäume, es gibt den Weg ja schon lange", sagte Schelle und sprach von der "Quadratur des Kreises". Trotzdem gab er sich in der Bürgerversammlung zuversichtlich, dass es vorangeht mit dem Radschnellweg. Die Strecke von Sauerlach und Lanzenhaar Richtung Oberhaching werde 2019 asphaltiert, auch auf dem Folgestück nach München sei man inzwischen weitergekommen. Knackpunkt sei die Unterführung an der Nussbaumranch, die noch umgebaut werden müsse. Der schlechte Untergrund hatte hier mehrfach zu Unfällen geführt. Doch ihn zu glätten reiche nicht, so Schelle, die Kurve müsse zu einer Ecke umgestaltet werden, damit extreme Schnellfahrer zumindest ein wenig ausgebremst würden.

Mobilität ist ein großes Thema in Oberhaching. Schelle berichtet von MVG-Leihrädern, von der Aktion "Autofrei - ich bin dabei" und von der Auszeichnung als "fahrradfreundliche Kommune". Alles Dinge, die er selbst, seine Verwaltung und der Gemeinderat auf den Weg bringen können. Bei der Bitte einer Bürgerin, die Gemeinde möge doch etwas tun, damit die S-Bahn zuverlässiger und pünktlicher werde, tut er sich dagegen schwer. Da kann er nur auf die MVV-Tarifreform verweisen, an der der Landkreis und er als Kreisrat mitgewirkt haben, und auf die Busse, die nun häufiger und teils schneller als Zubringer an die U-Bahn in Neuperlach fahren. Alles andere steht nicht in seiner Macht.

Anders ist das schon mit Thujenhecken, Gewerbegebieten, hässlichen Hochhäusern und anderen Bausünden. Dagegen hat Oberhaching seine Ortsgestaltungssatzung, die gerade überarbeitet wird. Und wie Schelle erläuterte, Garant dafür sein soll, dass Oberhaching "nicht gesichtslos" werde, dass keine Supermärkte auf der grünen Wiese entstehen und nicht alles zugebaut wird. Die Satzung gibt es seit 1974, und ihr verdankt Oberhaching sein jetziges Gesicht, wie der Bürgermeister betont. Umfangreich erläuterte er in der Versammlung, warum die Gemeinde sie brauche, warum sie aktualisiert werden müsse und welche Ziele sie damit verfolge. "Sie können sich nicht vorstellen, mit wie wenig Sensibilität und handwerklichem Können und mit wie viel Geld welche Vorstellungen in Ihrer Nachbarschaft umgesetzt werden- hätten sollen", sagte er. Thujenhecken jedenfalls bleiben verboten, aus ökologischen Gründen und weil man nicht drüber schauen kann. "Sie zwingen mich zur Nachbarschaft", hat ein Bürger Schelle mal vorgeworfen. "Das genau ist der Plan", sagte Schelle. Und es ist einer, den seine Gemeinde auch selbst umsetzen kann.

© SZ vom 23.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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