Bürgermeister:"Anständig bleiben. Nicht durchdrehen"

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Der scheidende Feldkirchner Bürgermeister Werner van der Weck will auch künftig in der Kommunalpolitik präsent bleiben. Für seinen Wunschnachfolger Christian Wilhelm hat er bereits jetzt ein paar Ratschläge parat

Interview von Anna-Maria Salmen, Feldkirchen

Ein Jahr vor der Kommunalwahl zeichnet sich in Feldkirchen ein Wechsel ab: Nach zwölf Jahren wird Bürgermeister Werner van der Weck (SPD) sein Amt abgeben. Der 66-Jährige schloss bereits vor Längerem eine weitere Kandidatur aus, da er nach eigener Aussage gemeinsam mit seiner Frau den Lebensabend genießen möchte. Geht es nach den Feldkirchner Sozialdemokraten, soll Christian Wilhelm seine Nachfolge antreten. Der 29-jährige ist parteilos, zog 2017 als Nachrücker über die SPD-Liste in den Gemeinderat ein und übernahm noch im selben Jahr den Fraktionsvorsitz. Auch wenn die beiden in Bezug auf die Kostensteigerung für das neue Kirchheimer Gymnasium jüngst unterschiedliche Ansichten hatten - van der Weck verteidigte die höhere Summe, während Wilhelm die Ausgaben kritisch sah - lassen die beiden Kommunalpolitiker im Doppel-Interview mit der SZ ein sehr harmonisches Verhältnis erkennen.

SZ: Herr van der Weck, möchten Sie sich auch nach der Wahl noch an der Feldkirchner Kommunalpolitik beteiligen?

Van der Weck: Ich werde nach wie vor im Ort alle Veranstaltungen, die mich interessieren, besuchen. Sicherlich werde ich auch meine Nähe zu den Kinderbetreuungseinrichtungen aufrechterhalten. Auch Ehrenämter werde ich gerne wahrnehmen. Aus der Ortsgemeinschaft verschwinden werde ich also nicht, weil es sehr viele äußerst angenehme Menschen in Feldkirchen gibt, die ich nicht missen möchte.

Schwingt auch Wehmut mit, wenn Sie das Bürgermeisteramt abgeben?

Van der Weck: Jein. Ich gewinne ja einen neuen Alltag mit meiner Frau und meiner Familie. Wo aber sicherlich Wehmut mitschwingt: Wir haben hier ein äußerst kompetentes, freundliches Rathaus mit vielen angenehmen Kollegen. Ich würde mir auch wünschen, dass der zukünftige Bürgermeister, den ich in Herrn Wilhelm sehe, offen ist für die Erfahrung und Ratschläge eines langjährigen Bürgermeisters. Da bekommt er das Angebot meiner vollsten Unterstützung.

Herr Wilhelm, mit Blick auf Ihre Kandidatur ist oft von einem Generationswechsel in der Feldkirchner SPD die Rede. Ist das die Strategie für die kommenden Jahre?

Wilhelm: Nicht nur. Feldkirchen wird zwar immer jünger, natürlich liegt da ein Fokus auf der neuen Generation und jungen Familien. Mir ist aber auch die Inklusion der Senioren sehr wichtig. Es ist mir ein Anliegen, dass wir nicht einfach ein großes Altersheim bauen und die Senioren da unter sich lassen. Ich will, dass das Hand in Hand von allen in der Gesellschaft mitgetragen wird und Senioren selbstbestimmt und würdig alt werden können, zum Beispiel in den von uns geplanten Seniorenappartements.

Ist Ihnen die Kinderbetreuung wichtig?

Wilhelm: Genau, das waren ja auch schon die ersten Anträge, die wir mit mir als Fraktionsvorsitzender gestellt haben: Zu prüfen, welche Möglichkeiten es gibt, noch weitere Plätze zu schaffen. So soll und muss es auch weitergehen, weil sich Feldkirchen weiterentwickeln und wachsen wird. Das lässt sich nicht vermeiden, und da geht es auch darum, ein nachhaltiges Wachstum in allen Bereichen anzustreben.

Christian Wilhelm (links) will Werner van der Weck als Bürgermeister von Feldkirchen nachfolgen. (Foto: Anna-Maria Salmen)

Im Gemeinderat setzen Sie sich gegen die immer stärker werdende Verkehrsbelastung ein. Wird das auch ein Thema Ihrer Kandidatur sein?

Wilhelm: Ich bin ja Diplomingenieur der Fahrzeugtechnik, also kenne ich mich mit dem Thema Verkehr sehr gut aus. Das ist eines meiner Herzensthemen, neben den sozialen Angelegenheiten. Feldkirchen braucht ein zukunftsträchtiges Verkehrskonzept, wobei es Ziel ist, den Durchgangs- und Individualverkehr aus dem Ort heraus zu bekommen und den ÖPNV stärker auszubauen. Wie das tatsächlich vonstattengeht, muss ein Verkehrskonzept zeigen. Natürlich kann man Wünsche äußern, zum Beispiel nach einer Ortsumgehungsstraße, aber das muss zuerst genau untersucht werden.

Wie ist Ihr politisches Engagement entstanden?

Wilhelm: Ich bin in das Engagement hinein gewachsen. In der Feuerwehr habe ich mich schon seit meiner Jugend engagiert. Dann habe ich in der evangelischen Jugend viel mitbestimmt und gestaltet. Das hat mir viel bedeutet, und das will ich auch anderen Jugendlichen ermöglichen. Meine eigene Motivation ist einfach gewachsen: Im Kleinen hat es angefangen, es ging dann über den Kreisjugendring mit landkreisweiten Themen weiter. Man wird älter, überlegt eine Familie zu gründen, die Themen ändern sich, und man macht sich mehr Gedanken über die Zukunft. Und da denkt man natürlich auch darüber nach, wie man den Ort weiterentwickeln kann.

Hätten Sie zu Beginn Ihres kommunalpolitischen Engagements gedacht, dass Sie irgendwann einmal für das Amt des Bürgermeisters kandidieren?

Wilhelm: Nein, das ist tatsächlich erst so gekommen. Im letzten Jahr, als ich Fraktionsvorsitzender geworden bin, gab es Sticheleien: Du wirst doch der nächste Bürgermeister. Da habe ich noch gesagt: Nein, erst einmal nicht. Ich habe ja noch viele Pläne, auch beruflich mit meiner Ingenieurskarriere. Ich habe es mir lange überlegt, denn es wird dann auch eine sehr prägende Entscheidung für mich sein.

Van der Weck: Das ist ein ähnlicher Beginn wie bei mir vor über zwölf Jahren. Ich habe 2008 kandidiert, da war ich nicht gerade ein aufstrebender Politiker, der Karriere machen will. Das hat sich wie bei Herrn Wilhelm einfach entwickelt. Nicht unwichtig war auch, dass meine Frau im Kindergarten aktiv und dadurch bekannt war. Das wiederholt sich jetzt in gewisser Weise: Herr Wilhelm ist verheiratet mit einer angehenden evangelischen Pfarrerin. Er wird ergänzt mit christlichen Werten, die für mich ein wichtiges Gedankengut sind.

Was macht für Sie einen guten Bürgermeister aus?

Van der Weck: Für mich ist der Bürgermeister der erste Diener der Gemeinde. Er ist dafür da, dass die Bewohner von Feldkirchen zufrieden sind, dass sich jemand Gedanken über ihre Bedürfnisse macht.

Wilhelm: Ich glaube, im Amt des Bürgermeisters muss man oft Konflikte lösen. Auch im Gemeinderat bekomme ich das mit, man muss zerstrittene Parteien zusammenführen und einen Konsens finden können. Außerdem braucht man ein gewisses Feingefühl für die zwischenmenschlichen Beziehungen.

Der Bürgermeister hat Ihnen, Herr Wilhelm, bereits seine Unterstützung zugesichert. Sehen Sie ihn als Vorbild?

Wilhelm: In gewissen Punkten auf jeden Fall. Ich bin auch froh, dass er mir seine Hilfe angeboten hat. Wir kommen gut miteinander aus, darüber freue ich mich. Ich habe ja zum Teil ein sehr junges, dynamisches Team hinter mir, aber auch erfahrene Experten, und da finde ich es toll, dass ich von so einem unterstützt werde.

Sie haben im Hinblick auf die schwächelnden Umfragewerte der SPD auf Bundes- und Landesebene einmal gesagt, die Feldkirchner sollen sich davon nicht beeinflussen lassen und Sie als Person wählen.

Wilhelm: Mir ist wichtig: Die Kommunalwahl ist eine Persönlichkeitswahl. Ich bin parteilos, und mir ist vor allem der Ort wichtig. Solange die Werte stimmen, sind die Umfragewerte der Partei egal. Und danach sollten die Menschen wählen. Ich bin ja nicht nur kein Mitglied der SPD, sondern auch immer ein bisschen Kritiker, gerade auf Bundesebene. Ich finde aber, in letzter Zeit hat sich das deutlich gebessert, da kommen auch wieder gute Vorschläge.

Da wir gerade von Personenwahlen sprechen: Geben Sie uns einen kleinen Einblick in den Menschen Christian Wilhelm?

Wilhelm: Ich engagiere mich sehr viel sozial. Das bindet viel Freizeit. Ich verbringe gerne Zeit mit meiner Frau Katrin und unseren Familien und Freunden. Ansonsten radle ich gerne. Ich bin früher Rennrad gefahren und versuche, das immer wieder zu machen. Da fahre ich gern mal Richtung Berge und Seen und mache 150-Kilometer-Runden.

Herr van der Weck, haben Sie denn schon Ratschläge für Herrn Wilhelm?

Van der Weck: Mensch bleiben. Anständig bleiben. Nicht durchdrehen. Sich selbst nicht so wichtig nehmen. Und bei allem eine kleine Portion "Passt schon", also Zuversicht.

© SZ vom 26.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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