Brunnthal:Tabula rasa im Ortszentrum

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Beim Gasthof Lutterschmid in Brunnthal fallen die letzen Mauerreste. Auch der Wirtssaal, an dem viele Erinnerungen hängen, dürfte nicht zu erhalten sein. Planer präsentieren, wie die Leerstelle gefüllt werden kann

Von Bernhard Lohr, Brunnthal

Der Lutterschmid war für viele Brunnthaler nicht irgendein Gasthaus. Sie feierten dort Tauffest, Geburtstage und Hochzeiten. Am alten Wirtssaal hängen viele mit ihren Erinnerungen. So wie Helmut Vorleitner junior, der gerne an die wilden Kinderfaschingsbälle zurückdenkt, die er dort mit Freunden erlebt hat. Diese Bindung an den Lutterschmid ist der Antrieb für Bürgermeister Stefan Kern (CSU) und einen Großteil des Gemeinderats, einen Ersatz für den maroden Gasthof zu schaffen, der dieser Tagen abgerissen wird. Sie wünschen sich eine emotional besetzte Mitte fürs Dorf. Die Planer vom Büro Eck Hogaplan aus Bad Tölz zeigten am Mittwoch vor 30 Zuhörern in einer Sitzung des Gemeinderats im Mehrzweckraum der Schule, wie das umgesetzt werden könnte.

Reste vom Gasthof Lutterschmid: Die Gemeinde will einen neuen Gasthof errichten und dem Dorf seinen Mittelpunkt zurückgeben. (Foto: Angelika Bardehle)

Es wurde schon viel geredet und gestritten, über den neuen Lutterschmid, den sich die Gemeinde nach dem Kauf des Grundstücks selbst hinstellen will. Bis hin zum Bürgerentscheid ging das, weil mancher meinte, die Gemeinde sollte die Finger von so etwas lassen. Das ist mittlerweile geklärt und langsam wird es konkreter. Vom alten Gasthof werden in einigen Tagen auch die letzten Mauerreste verschwunden sein. Mit dem Fachbüro Eck Hogaplan, das auf Hotel- und Gaststättenplanung spezialisiert ist, sind Planer gefunden. Und auch sonst lichtet sich der Nebel. So herrschte im Gemeinderat relativ große Einigkeit darüber, dass es am Ende auf eine von zwei der präsentierten Planungsvarianten hinauslaufen dürfte, mit jeweils einem Platz, der sich nach Norden oder Norden und Westen zum Rathaus hin öffnet.

Bei Variante F würde alles neu gebaut. (Foto: Skizze: Eck Hogaplan)

Dazu gab es am Dienstag zwei echte Neuigkeiten. So steht die Gemeinde kurz davor, im Süden des Lutterschmid-Grundstücks an der Hofoldinger Straße ein 1100 Quadratmeter großes Areal dazuzukaufen, wo ein Wohnhaus Platz finden könnte, um Mietwohnungen für Brunnthaler zu schaffen. Die zweite Nachricht war weniger erfreulich. Schließlich stehen neue Kosten ins Haus. Und sie berührte manch einen, wie Vorleitner junior etwa, auch emotional. Denn der Saal, in dem Vorleitner als Kind Fasching feierte, könnte womöglich wie der Gasthof selbst nicht mehr zu halten sein. Der Saal stammt aus jüngerer Zeit, er sollte saniert werden und in das neue Konzept integriert werden. Doch Bürgermeister Kern verkündete nun, der Saal werde baurechtlich bei einem Neubau des Gasthofs neu bewertet und müsse bei der Schneelast des Dachs, beim Brand- sowie beim Wärmeschutz aktuellen Auflagen genügen. Ob dies zu vertretbaren Kosten zu erreichen sei, werde geprüft. Von den sechs städtebauliche Varianten, welche die Planer vorstellten, gehen manche schon von einem Abriss auch des Saals aus. Das hieße: Tabula rasa in der Ortsmitte.

Die Variante D sieht zwei analoge Baukörper vor. Der alte Saal auf der Ostseite bliebe erhalten. (Foto: Skizze: Eck Hogaplan)

Christian Merk vom beratenden Ingenieurbüro Köhler sagte, jetzt, da der alte Gasthof abgerissen wird, werde deutlich, was für ein Potenzial dieser zentrale Platz biete. Außer den Chancen sind aber auch die Risiken groß. Gestalterisch ist es ein sensibler Ort, an der viel befahrenen Straße mit der Kreuzung und dem Rathaus gegenüber. Ganz genau müssen, wie Heinz Eck vom Büro Eck Hogaplan warnte, Betriebsabläufe bei dem Gasthofensemble durchdacht werden, damit das klassische Wirtepaar, das sich Eck idealerweise für Brunnthal wünscht, auch wirtschaftlich arbeiten kann. Erst kürzlich erhielt die Sorge, die Gemeinde könnte sich finanziell in ein zu großes Abenteuer wagen, neue Nahrung, als bekannt wurde, dass der Sauerlacher Gastronom Franz Schmuck an der Stelle des Gasthofs Hofolding ein Hotel mit mehr als 150 Betten errichten will. Planer Heinz Eck sagte, anders als in Hofolding müsse in Brunnthal die Gastronomie im Mittelpunkt stehen. Er wollte gar nicht von einem Hotel reden, sondern ausdrücklich von einem Beherbergungsbetrieb. Die 30 Zimmer sollten dem Wirt nur helfen, besser kalkulieren zu können.

Bürgermeister Kern will nun die sechs Planvarianten im Internet und im Gemeindeblatt veröffentlichen, um die Bürger einzubinden. Als eines der beiden allgemein favorisierten Konzepte sieht die Variante D vor, dass der bestehende Saal erhalten bleibt. Gegenüber liegend würde an der Hofoldinger Straße als Pendant ein lang gezogener Bau Gewerberäume und Gästezimmer aufnehmen. Verbunden würde das im Süden durch die Gaststätte. Ein Platz für Märkte und Biergarten würde sich in einem leicht angedeuteten V zum Rathaus hin öffnen. Die Variante F sieht nach einem Abriss des Saals einen L-förmigen Baukörper vor, der sich nach Nordwesten zur Kreuzung und zur Hofoldinger Straße hin öffnet. Bis Juni sollen Zahlen vorliegen, was ein Erhalt des Saals kostet. Dann sollen weitere Entscheidungen fallen. Ein Abriss scheint bei allen Emotionen wahrscheinlich. Selbst CSU-Gemeinderat Vorleitner würde über seinen Schatten springen. Siegfried Hauser (PWB) wollte sich mit dem Gedanken aber noch nicht abfinden.

© SZ vom 24.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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