Brunnthal:Schockierende Summe

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Nach dem Gasthof Lutterschmid soll auch der zugehörige Saal verschwinden, weil sich eine Sanierung nicht lohnt. (Foto: Angelika Bardehle)

Die Sanierung des Lutterschmid-Saals in Brunnthal würde 1,9 Millionen Euro kosten. Trotzdem könnte das Gebäude nur eingeschränkt genutzt werden. Deshalb wird es nun wohl abgerissen und durch einen Neubau ersetzt

Von Bernhard Lohr, Brunnthal

Brunnthal will verhindern, dass das Ortsmitte-Projekt finanziell aus dem Ruder läuft. Aus allen Fraktionen des Gemeinderats hat es am Mittwochabend Appelle gegeben, die Kosten für das gesamte Vorhaben auf jeden Fall deutlich unter neun Millionen Euro zu halten. Bürgermeister Stefan Kern (CSU) und andere sprachen von fünf bis sechs Millionen Euro. Mehr dürfe das alles nicht kosten. Den Anlass für die Kostendebatte hatten die Planer vom Büro Eck-Hogaplan geliefert, nach deren Auflistung eine Sanierung ebenso wie ein Neubau des Wirtssaals allein 1,9 Millionen Euro kosten würde. Kern bekannte offen, dass ihm bei dieser Summe der Schreck in die Glieder gefahren sei.

Der alte Gasthof Lutterschmid und das Hotel sind abgerissen. Nur der Wirtssaal steht noch auf dem zentralen Grundstück gegenüber dem Rathaus - und viele hofften, dass dieser mit relativ geringem Aufwand saniert und wieder in Betrieb genommen werden könnte. Diese Hoffnung ist seit Mittwochabend gestorben. Das Gebäude müsste statisch ertüchtigt werden, die Elektroinstallation wäre neu zu machen, ebenso die Heizung und die Sanitäranlagen. Außerdem ist der Keller feucht.

Planer Heinz Eck listete detailliert auf, was alles zu tun sei, und strich bei alldem heraus, dass am Ende doch nur ein Bau mit Defiziten zu bekommen wäre. Der Saal wäre mit seiner niedrigen Deckenhöhe nur eingeschränkt nutzbar. Es gäbe nur ein kleines Foyer und keine Garderobe. Zudem laufe man Gefahr, die Wände im Keller nicht trocken zu bekommen. Anfänglicher Unmut im Gemeinderat, die Planer hätten in ihrer Analyse nur überzogen, legte sich in der Folge, als die Fakten erläutert wurden. Ein Neubau zum gleichen Preis, sagte Eck, könnte funktional Vorteile bieten. Er würde vom angrenzenden Grundstück weggerückt. Die Zufahrt zu dem geplanten Ensemble würde verbessert und im ersten Obergeschoss und unter dem Dach könnten sogar noch Gästezimmer eingerichtet werden.

Bürgermeister Kern hatte in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen, dass der Saal eigentlich noch nicht so alt und noch gut in Schuss sei. Er sei 1984 erneuert worden, sagte er auch am Mittwochabend. Er habe angenommen, man könne den Saal innen so lassen, wie er sei, und die Kosten so im Zaum halten. Jetzt soll allein die Ertüchtigung der Elektrik 125 000 Euro mehr kosten als die elektrische Anlage in einem Neubau. 280 000 Euro Mehrkosten wären es für Heizung, Sanitär und Lüftung. Das sei ein "harter Schlag", sagte Kern. Vor diesem Hintergrund könne er nicht "guten Gewissens" eine Sanierung in Auftrag geben. Jetzt müsse man auch die Gesamtkosten genau in den Blick nehmen. Das sahen die meisten so. Auch die, die den Saal lange erhalten wollten. Siegfried Hauser (PWB) sagte, bei drohenden zehn Millionen Euro Gesamtkosten "müssen wir zurückrudern". Robert Huber (PWB) forderte eine Kostenobergrenze von sechs Millionen Euro für alles. Ansonsten würde die Gemeinde auf Dauer stranguliert. Helmut Vorleitner jun. plädierte für den Neubau von Saal, Gasthof, Hotel und Gewerbeeinheit und schlug wie Daniel Brenner (beide CSU) vor, die Größe des Ensembles an die finanziellen Möglichkeiten anzupassen. Brenner warnte davor, sich zu sehr auf die Saal-Frage zu konzentrieren. Auch sollte man jetzt nicht kalte Füße wegen einer möglichen Kostenspirale bekommen. Die Datengrundlage sei dafür noch zu dünn.

Bisher liegen, außer für den Wirtssaal, noch keine belastbaren Zahlen vor, was das Ortsmitte-Projekt kosten könnte. Im nächsten Planungsschritt soll es zumindest einmal Kostenschätzungen geben. Wobei bei einigen in Brunnthal nach Jahren der Planungen und Überlegungen der Geduldsfaden zu reißen droht. Als erwogen wurde, die Planer außer einer Variante mit einem Neubau des Saals zur Sicherheit auch eine Sanierungsvariante kostenmäßig schätzen zu lassen, fragte Ernst Portenlänger (SPD), ob Planungskosten gar keine Rolle mehr spielten. Außerdem dauere ihm alles zu lange. "Ich bin enttäuscht", sagte er. Wann werde es das neue Gasthaus geben? "Ich möchte das noch erleben."

Gegen die Stimmen von Hauser und Huber beschloss der Gemeinderat, planerisch die Variante F weiterzuverfolgen, bei der der Saal abgerissen und weiter in die Grundstückmitte versetzt neu errichtet würde. Dies würde in einem Bau mit Gasthof, Beherbergungsbetrieb und Gewerbeflächen geschehen, der sich wie ein umgedrehtes "L" zur Kreuzung und zum Rathaus hin öffnet. Bei einer Bürgerbefragung war das eine der favorisierten Varianten gewesen. Zudem sollen die Planer zumindest einmal vorlegen, was es kosten würde, eine Gesamtkostenschätzung für ein Projekt anzustellen, bei dem der Saal erhalten bleibe. Für dessen Abriss soll eine Ausschreibung folgen.

© SZ vom 24.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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