Brückenfest:Die martialischen Anfänge von Hochbrück

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Eine unscheinbare Verbindung über den Schleißheimer Kanal schuf die Voraussetzungen für die Entwicklung des Garchinger Stadtteils. Eigentlich diente sie der Erweiterung der Munitionsanstalt Schleißheim

Von Gudrun Passarge, Garching

Die Nazis nutzten das Gelände später, um SS-Leute umzuschulen in der Berufsschule, die heute noch steht. (Foto: Archiv Förderverein Garchinger Geschichte)

Die Brücke über den Schleißheimer Kanal, auf der Rudi Naisar steht, ist wahrlich unprätentiös. Sehr grau, circa sechs Meter breit, etwas gedrungen, zweckmäßig. Und doch sagt der passionierte Geschichtsforscher: "Ich traue mich zu behaupten: Ohne diese Brücke wäre Hochbrück nicht entstanden." Denn sie machte den Weg frei für eine Verbindung zwischen den Gebieten nördlich und südlich des Schleißheimer Kanals. Geplant wurde sie, um Material der Munitionsfabrik in die Lagerhallen nördlich des Kanals zu bringen. Wenn dieses Jahr dort wieder das Brückenfest in Hochbrück stattfindet, dann wird auch diese 100 Jahre alte Brücke gefeiert.

Der Garchinger Stadtteil Hochbrück trägt ja die Brücke schon im Namen, aber nicht diese Brücke ist gemeint. Die Hohe Brücke, eine Schöpfung des Kurfürsten Max Emanuel, wurde 1669 über den Kanal gebaut, in einer Sichtachse zum Schloss Lustheim und hoch genug, dass die Schiffe darunter durchfahren konnten. Sie wurde 1887 bereits wieder abgebrochen. Doch diesmal geht es um die unscheinbare Brücke aus Stahlbeton, die eine Erweiterung der Munitionsanstalt Schleißheim ermöglichen sollte. Die Munitionsanstalt wurde 1913 errichtet, mit Fabrik und Depot und einem Bahngleis durch den Wald nach Oberschleißheim zum dortigen Flughafen und zum Bahnhof. Das Gleis verschwand erst in den Neunzigerjahren. "Da verläuft jetzt der Abwassersammler von Pasing", sagt Naisar, der habe gebaut werden müssen, um die Erschließung des Münchner Stadtteils Freiham zu ermöglichen. Michael Müller berichtet in seiner Ortschronik, dass nach dem Bau der Brücke 1918 nördlich vom Kanal weitere Munitionsmagazine und Erdbunker gebaut wurden, geplant war noch mehr.

1918 gab es Pläne, die Munitionsfabrik und die Depots nördlich des Kanals zu erweitern. (Foto: Archiv Förderverein Garchinger Geschichte)

Doch es kam anders. Der Krieg war verloren, Deutschland musste abrüsten. Nördlich des Kanals übernahm Dynamit Nobel die Anlage, südlich wurden in der Fabrik Zündhölzer hergestellt. Die Struktur des Geländes blieb erhalten, was die Nationalsozialisten zu nutzen wussten. Südlich des Kanals zog der Reichsarbeitsdienst ein. Auch der spätere bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß soll seinen Dienst hier abgeleistet haben. Der nördliche Teil diente der SS als Lager. Erst für "Flüchtlinge und Vertriebene", etwa 250 SA- und SS-Angehörige aus Österreich, die nach dem gescheiterten Putschversuch von 34 fliehen mussten, wie Müller schreibt. Später wurden in der SS-Berufsschule im Krieg versehrte SS-Männer umgeschult. Das weiße Gebäude steht noch an der Jahnstraße. In dem Lager waren auch KZ-Häftlinge aus Dachau untergebracht, die als Zwangsarbeiter ausgebeutet wurden.

Der ehemalige Wasserturm der Muna steht heute unter Denkmalschutz. Wer durch das Gelände fährt, sieht noch die alte Zündholzfabrik und die Anordnung der Baracken im ehemaligen Arbeitslager. Nördlich des Kanals wohnten nach dem Krieg zunächst die Kriegsflüchtlinge in den Baracken, heute steht dort das moderne Hochbrück. Die alte Brücke wird nur noch von Spaziergängern und Radfahrern genutzt, um in das dahinterliegende Erholungsgebiet zu kommen. Die Erschließung Hochbrücks laufe erst seit der Ansiedlung der Firma Voith 1963 über die B 471. Doch Naisar ist überzeugt: Angefangen hat die Entwicklung mit der Brücke, die dieses Jahr ihren 100. Geburtstag feiert.

Das Brückenfest der Hochbrücker Vereine und Institutionen im Ortsteilpark hinter der Brücke beginnt am Freitag, 29. Juni, um 18 Uhr mit einem Bierfest und der Band "4Munixx", am Samstag um 14 Uhr wird es offiziell mit der Garchinger Blaskapelle eröffnet, von 19 Uhr an spielen die "Rockaholixs Buam". Den Frühschoppen am Sonntag von 10 Uhr an begleitet musikalisch wieder die Blaskapelle.

© SZ vom 28.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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