Bahnübergang Neubiberg:"Die Schranke ist gut, lassen wir sie"

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Beim ersten Bürgerdialog äußern sich viele kritisch gegenüber einer Unterführung unter der Bahn

Von Daniela Bode, Neubiberg

Die Tendenz ist recht klar: Die meisten der etwa 60 Neubiberger, die zum ersten Bürgerdialog zum Thema S-Bahnunterführung gekommen sind, betrachten das Projekt mit Skepsis. Spätestens als sie in der Aula der Grundschule Neubiberg von den Fachplanern erfahren, dass die Gemeinde fast drei Millionen Euro der Baukosten tragen müsste, aber vor allem andere profitieren würden, kommen kritische Kommentare. "Es kann ja nicht sein, dass wir Millionen ausgeben und Ottobrunn und Waldperlach werden entlastet", sagt etwa Rüdiger Berger. "Ich würde sagen: Die Schranke ist gut, lassen wir sie."

Gemeindeverwaltung und Fachplaner berichteten in der Veranstaltung, dass eine verschwenkte Variante einer S-Bahnunterführung an der Hauptstraße technisch machbar ist und favorisiert wird, dass der Gemeinderat aber den Bau noch nicht beschlossen hat. Die Planer rechnen mit einer Gesamtbauzeit von 18 bis 20 Monaten, wobei die Hauptstraße am Bahnübergang acht bis zehn Monate für alle Verkehrsteilnehmer gesperrt wäre. Die Kosten für das Bauwerk, die zwischen Bahn, Gemeinde und Bund gedrittelt werden, schätzt Oliver Lechelmayr vom Ingenieurbüro Vössing auf 8,5 Millionen Euro, wobei noch weitere Kosten hinzukämen. Auf den Verkehr in Neubiberg hätte die Unterführung laut Christian Fahnberg vom Ingenieurbüro Ingevost keine positiven Auswirkungen: Verkehr aus den Nachbargemeinden würde angezogen. Die Anwohner würden zu 96 Prozent belastet, nur zu vier Prozent entlastet. Die Planer hatten auch untersucht, wie sich die Unterführung auf die Kreuzung an der Staatsstraße und der Äußeren Hauptstraße auswirken würde, denn das Ziel einer Unterführung wäre, dass der Verkehr - auch zur Autobahnauffahrt hin - flüssiger wird. Fazit ist, dass die Kreuzung heute schon überlastet ist, sie aber vor allem durch die Planungen der Stadt München wie die Projekte an der Carl-Wery-Straße mit 400 neuen Wohnungen und Gewerbe noch mehr überlastet würde.

Es entspann sich eine angeregte Diskussion. Eine Anwohnerin, die in der Hauptstraße auf Höhe des Umweltgartens wohnt, beklagte den Verkehr, den es schon jetzt gebe. "Zwischen sechs Uhr in der Früh und zehn Uhr abends kann man eigentlich kein Fenster aufmachen", sagte sie. Ihnen brächte eine Unterführung nicht viel. Thomas Felber, Geschäftsführer der Buchhandlung Lentner an der Hauptstraße und ehemaliger Gemeinderat der Freien Wähler, sprach sich wegen der langen Sperrung der Straße während des Baus gegen eine Unterführung aus: "Eine Unterführung würde uns Gewerbetreibende alle vernichten. Wer kauft in einer Sackgasse ein?", sagte er. Ein Bewohner des Ortsteils Unterbiberg regte an, auch Überlegungen aus Ottobrunn und Höhenkirchen-Siegertsbrunn zu einer Tieferlegung der S-Bahn sowie den zweigleisigen Ausbau der S-Bahn einzubeziehen. "Wenn man das insgesamt betrachtet, könnte das durchaus zielführend sein", sagte er. Bürgermeister Günter Heyland (Freie Wähler) erläuterte, dass mit einem zweigleisigen Ausbau nicht vor 2035 zu rechnen sei, der Landkreis aber beim Verkehrsministerium schon lange eine schnellere Planung fordere.

Überhaupt wolle man all die genannten Themen verknüpfen und verhindern, dass Planungen der Stadt die Bestrebungen des Landkreises etwa zu einer Verlängerung der U-Bahnlinie in Neuperlach-Süd blockieren. "Wir versuchen, dass zwischen Landkreis, DB Netz und Stadt alles nebeneinander koordiniert wird", sagte er. Angesichts der künftigen Verkehrsentwicklung warb Felber dafür, die Hauptstraße für den Durchgangsverkehr "unattraktiv zu machen". Er schlug Tempo 30 vor und mehr Fußgängerüberwege. Ein anderer Bürger sprach sich als Alternative für eine Unterführung für Radfahrer und Fußgänger aus.

Auch CSU-Gemeinderat und Bürgermeisterkandidat Thomas Pardeller, dessen Fraktion 2015 das Thema Bahnunterführung wieder aufs Tableau gebracht hatte, meldete sich zu Wort. Er fragte, ob es außerhalb der Spitzenzeiten, auf die Fahnberg in seinem Vortrag eingegangen war, durch eine Unterführung verkehrliche Verbesserungen gäbe. Eine klare Antwort bekam er nicht. Seine Parteikollegin Nicola Gehringer beklagte nach der Veranstaltung, die Veranstaltung sei tendenziös gewesen und es seien ohnehin nur die Anwohner per Flyer von der Gemeinde eingeladen worden.

Die allgemeine Skepsis der anwesenden Bürger gegenüber der Unterführung zeigte sich am Ende auch an Feedback-Postern, auf denen sie einzelne Aspekte als Chance oder Risiko bewerten konnten. Die meisten Punkte, etwa die Bauzeit, stuften sie als negativ ein. Die Gemeinde wird nun die Rückmeldungen der Bürger in die Unterlagen für künftige Entscheidungen einarbeiten. Zudem soll ein Lärmschutzgutachten erstellt werden.

© SZ vom 12.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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