Autorin Petra Reski im Interview:Die Mafia - mehr als nur Folklore

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Jeder Einbruch wird hierzulande bedrohlicher empfunden als die Mafia: Autorin Petra Reski warnt dennoch vor deren Schlagkraft - gerade in Deutschland.

Timo Brücken

Petra Reski ist Mafia-Expertin. Die in Italien lebende Autorin und Journalistin warnt seit Jahren vor dem organisierten Verbrechen, auch in Deutschland. Am Mittwoch, 6. Oktober, liest sie in der Wagenhalle der Pasinger Fabrik aus ihrem neuen Buch "Von Kamen nach Corleone. Die Mafia in Deutschland". Timo Brücken hat mit Reski gesprochen, die auch auf der Frankfurter Buchmesse zu Gast sein wird. Am Freitag, 8.Oktober, diskutieren in der Fabrik die Journalistin Carmen Butta und der sizilianische Mafia-Jäger Roberto Scarpinato. Beginn ist jeweils um 20 Uhr, die Eintrittskarten kosten zehn, ermäßigt acht Euro.

"Die Deutschen haben immer noch so ein folkloristisches Bild dieser Mafia, das längst nicht mehr gültig ist", sagt die Autorin Eva Reski. (Foto: ddp)

SZ: Kann man in München noch in eine Pizzeria gehen, ohne Angst haben zu müssen, dass man mit seinem Geld die Mafia mitfinanziert?

Petra Reski: Man sollte nicht alle italienischen Restaurants unter Generalverdacht stellen, aber dieser Zweifel ist natürlich immer da. Und er kann nicht ausgeräumt werden, solange in Deutschland nicht für ein bisschen klarere Verhältnisse zur Geldwäsche gesorgt wird.

SZ: Kann man ein Lokal unter Mafia-Kontrolle denn irgendwie erkennen?

Reski: Nein, das ist nicht wie in diesen Großstadtmythen vom grünen Aquarium der Chinesen oder so. Man kann es überhaupt nicht erkennen. Es gibt in Deutschland und Italien unzählige Restaurants, die der Mafia gehören und die Geld waschen. Manche legen überhaupt keinen Wert darauf, etwas zu verkaufen, andere funktionieren sehr gut, aber es gibt keinerlei Kennzeichen. Die Deutschen müssen mit dem Zweifel leben und wenn sie ihn ausräumen wollen, müssen sie darauf drängen, dass genauer hingesehen wird.

SZ: Aber ist die Mafia denn überhaupt ein Thema in der Bevölkerung in Deutschland?

Reski: Überhaupt nicht, die Mafia ist hier grundsätzlich kein Thema. Jeder Wohnungseinbruch wird vom deutschen Bürger als bedrohlicher empfunden als die Geldwäsche. Dabei bedeutet Geldwäsche, dass anständige Unternehmer um ihre Konkurrenzfähigkeit gebracht werden und dem unlauteren Wettbewerb Tür und Tor geöffnet wird. Es wird nicht nur in Pizzerien investiert, sondern in große Immobilien und Bauprojekte, in Einkaufszentren zum Beispiel. Dabei geht es immer um wirtschaftliche und letztendlich auch politische Macht. Die Deutschen haben immer noch so ein folkloristisches Bild dieser Mafia, das längst nicht mehr gültig ist. Es ist ja nicht damit gelöst, dass irgendwo sechs tote Italiener auf der Straße liegen. Das Problem geht viel, viel weiter und es ist schon seit 40 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland präsent.

© SZ vom 06.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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