Ausbildungsberufe:Früh aufstehen und sich auch mal die Hände schmutzig machen

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Fünf Ausbilder aus dem Landkreis, die noch offene Stellen zu vergeben haben, erklären ihre Erwartungen an Bewerber

Besonders dramatisch ist der Azubi-Mangel im Landkreis München nach Angaben der Industrie- und Handelskammer (IHK) bei den Bürokaufleuten sowie im Groß- und Einzelhandel, aber auch angehende Köche, Hotelfachleute, Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik oder Lagerlogistiker fehlen. Ausbilder schildern, wen sie suchen und was sie bieten.

Bäcke rei Götz, Taufkirchen

Seit 120 Jahren gibt es die Bäckerei Götz in Taufkirchen. Heute bekommt auch Junior-Chef Tobias Götz den Fachkräftemangel zu spüren. Momentan wird ein Auszubildender zum Bäcker gesucht, der dringend nötig sei, so Götz. Potenzielle Bewerber erwartet eine 40-Stunden-Woche bei einem Gehalt von 470 Euro im ersten Lehrjahr, im zweiten gibt es 600 Euro und im dritten 730 Euro. Arbeitsbeginn ist um 1 Uhr nachts, dafür könne man schon ab 11 Uhr am See liegen oder in die Berge fahren, während alle anderen noch im Büro säßen, sagt Götz. Erwartet wird von den Bewerbern ein qualifizierender Hauptschulabschluss mit einem Notendurchschnitt von mindestens 3,0. Ein gewisses Maß an Fitness sei für diesen Biorhythmus unverzichtbar, sagt Götz. Kopfrechnen, Fingerfertigkeit und auch technisches Know-how seien von Vorteil, denn mittlerweile wird auch in kleinen Backstuben mit Hightech-Geräten gearbeitet. Etwa die Hälfte aller Bewerber müsse er mangels Qualifikation abweisen, sagt Götz. Die Auszubildenden lernen das Herstellen von Teigen, Backwaren und Torten. Locken will die Bäckerei Götz die Bewerber mit der kleinen Betriebsgröße. Die verspricht nämlich keine Postenarbeit, sondern das Mitverfolgen des Produktionsprozesses vom Rohstoff bis zum Backerzeugnis, von Mehl und Wasser bis zur gedrehten Breze. So lerne der Lehrling Qualität zu erkennen und herzustellen. Für einen Bäcker wie Götz ist das unabdingbar, er muss täglich die Kunden aufs Neue überzeugen, ihr Brot bei ihm und nicht beim Discounter zu kaufen.

S port Scheck, Unterhaching

Beim Sportausstatter Sport Scheck gehen immer noch viele Bewerbungen für die Ausbildungsplätze im Groß- und Außenhandel in der Zentrale in Unterhaching ein, tendenziell aber weniger als im Vorjahr. Die Ausbildung sei anspruchsvoll, sagt Johannes Schenk, der für Berufsbildung im Unternehmen zuständig ist. Daher werde für den Ausbildungsplatz die mittlere Reife vorausgesetzt sowie ein gutes Verständnis für Mathematik und BWL. Gleichzeitig gebe es aber kein allgemeines Ausschlusskriterium in Bezug auf den Notendurchschnitt, jede Bewerbung werde einzeln bewertet. Die Auszubildenden erhielten eine sehr abwechslungsreiche Ausbildung, sagt Schenk. Alle drei bis sechs Monate kann je nach Interessen und Stärken der Bereich gewechselt werden, sodass am Ende verschiedene Spezialisierungen von Marketing bis Logistik möglich seien. Im ersten Lehrjahr verdienen Auszubildende das tariflich festgelegte Gehalt von 750 Euro. Dass Sport Scheck keine großen Probleme hat, Bewerber zu finden, erklärt Schenk damit, dass das Sportunternehmen als jung, modern und dynamisch wahrgenommen werde und deswegen gerade für junge Leute attraktiv sei. Durch die angebotenen Praktika und Kooperationen mit Schulen würden auch immer wieder Jugendliche auf den Arbeitgeber aufmerksam.

GS Frachtlogistik, Garching

Fachkräfte für Lagerlogistik sind mit die meistgesuchten Auszubildenden überhaupt. Das merkt auch Bernhard Jung von der Firma GS Frachtlogistik in Garching: "Eine Bewerberflut sieht anders aus", sagt der Logistikleiter des Speditionsunternehmens. Seit die Anzeige veröffentlicht wurde, meldeten sich vier Bewerber. Und den Richtigen zu finden, sei nicht leicht. Das Bildungsniveau, Allgemeinwissen und auch soziale Kompetenzen nähmen ab, sagt Jung. Dabei seien zumindest die schulischen Anforderungen an einen potenziellen Auszubildenden nicht unbedingt hoch. Ein qualifizierender Hauptschulabschluss sei gut, aber nicht das Hauptaugenmerk. Wichtiger sei, dass der Bewerber ein sicheres Auftreten und "keine zwei linken Hände" habe. In der Ausbildung lernen die Lehrlinge alles, was mit der Koordination und Lagerung von Waren zu tun hat. Das Gehalt für Lagerlogistik-Auszubildende liegt bei 780 Euro im ersten bis 850 Euro im dritten Lehrjahr.

Diepold & Kiefer Elektro, Ottobrunn

Es gebe einen enormen Fachkräftemangel in seiner Branche, berichtet Florian Kiefer. Der Meister für Elektrotechnik und Geschäftsführer des Ottobrunner Innungsbetriebs sucht zum Ausbildungsbeginn im September noch tatkräftig Unterstützung. Gleich zwei Lehrstellen kann er für den Beruf als Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik schaffen. Die dreieinhalbjährige Ausbildung erfordert Motivation, Teamplayer-Kompetenzen und die Bereitschaft, draußen zu arbeiten und sich auch mal die Hände schmutzig zu machen, denn die Tätigkeit sei "hundert Prozent Baustelle". Leitungsquerschnitte berechnen, lernen, was Strom überhaupt ist, mit Materialien umgehen können, da punkten Bewerber mit guten Mathematik- und Physikkenntnissen in jedem Fall. Mindestanforderung ist der qualifizierende Hauptschulabschluss. Der Beruf des Elektronikers für Energie- und Gebäudetechnik soll der anspruchsvollste Beruf im Handwerk sein. Der Baubranche geht es gerade gut, im gesamten Bundesgebiet, ob in München, Düsseldorf, Hamburg - das letzte halbe Jahr ist man laut Kiefer viel unterwegs gewesen. Kiefer zahlt nach Tarif. Das heißt im ersten Lehrjahr gibt es bis zu 630 Euro, im zweiten Lehrjahr 680 Euro und im dritten bis zu 800 Euro.

Hotel Sauerlacher Post , Sauerlach und Hotel Demas, Unterhaching

Für angehende Hotelfachleute sind laut Geschäftsführer Markus Demas in seinen Hotels in Sauerlach und Unterhaching insgesamt drei Stellen zu besetzen. Dass die Suche nach dem passenden Auszubildenden schwierig ist, könnte laut Demas an den Arbeitszeiten und der Bezahlung in der Gastronomie liegen. Auch das Überangebot an Ausbildungsstellen sei ein Problem. Wer die Wahl habe, tendiere in der Hotelbranche dazu, zu internationalen, großen Ketten mit verschiedenen Standorten zu gehen. Dabei bietet Demas seinen Lehrlingen auch viel, zum Beispiel eine Mitarbeiterwohnung. Besonders Mitarbeiter, die von außerhalb kommen, seien für so etwas dankbar.

Mindestanforderungen seien Deutsch- und Englischkenntnisse, ab dem qualifizierenden Hauptschulabschluss sei alles möglich. Höflich, kommunikativ, zuvorkommend müssten Bewerber sein. Weitere Fremdsprachen seien natürlich erwünscht, aber nicht verpflichtend. Der Auszubildende durchläuft bei einem Verdienst von 740 bis 930 Euro für das erste bis zum dritten Lehrjahr alle Abteilungen des jeweiligen Hotels, vom Service bis zur Reinigungskraft. Bei einer 40-Stunden-Woche ist der Frühdienst zum Beispiel schon um sechs Uhr morgens auf den Beinen. Minderjährige Auszubildende arbeiten bis maximal 22 Uhr.

© SZ vom 20.07.2016 / jtr, trda - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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