Aschheim:Islamfeindlicher Buchtipp

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Im Aschheimer Amtsblatt bewirbt die Gemeindebibliothek ein Werk des Verschwörungstheoretikers Ulfkotte. Bürgermeister Glashauser nennt die Platzierung über einer Meldung des Asyl-Helferkreises unglücklich

Von Martin Mühlfenzl, Aschheim

Auf Seite fünf der Ortsnachrichten Aschheim und Dornach vom 12. November meldet sich die Gemeindebücherei Aschheim mit zwei Lesetipps zu Wort. Die eine Empfehlung betrifft einen "sehr aktuellen Thriller": Das Werk "Takeover" des Schriftstellers Jussi Adler-Olsen. Der zweite Hinweis, direkt darunter, betrifft "eine weitere sehr aktuelle Empfehlung". Es handelt sich um das Pamphlet "Mekka Deutschland - Die stille Islamisierung". Verfasst vom Verschwörungstheoretiker und ehemaligen FAZ-Journalisten Udo Ulfkotte.

Insgesamt 14 Seiten umfasst das Ortsnachrichtenblatt. Direkt unter dem Hinweis auf Ulfkottes islamfeindliches Werk findet sich eine Meldung über die Zusammenarbeit der im Gewerbegebiet Dornach ansässigen Firma Hewlett-Packard und des Asyl-Helferkreises Aschheim, der sich nicht zuletzt in der von den Johannitern betriebenen Erstaufnahmeeinrichtung in Dornach stark engagiert. Darin wird auch darauf verwiesen, dass Hewlett-Packard seine Mitarbeiter im Monat für vier Stunden frei stellt, um sich ehrenamtlich zu engagieren - etwa im Helferkreis.

Für Ruth Gabel, Mitarbeiterin in der Gemeindebücherei, die mit ihren Kolleginnen für die Auswahl der Lesetipps verantwortlich zeichnet, ist diese Konstellation - der Hinweis auf Ulfkottes Buch und des Engagements einer Aschheimer Firma - mehr als unglücklich. "Wir würden das so nicht mehr machen", sagt Gabel. "Allerdings haben wir keinen Einfluss darauf, wo Artikel in den Ortsnachrichten erscheinen." So viel zu der Platzierung. Das Erscheinen des Lesetipps selbst aber verteidigt Gabel. "Wir haben intern darüber diskutiert. Wir waren uns einig, dass es zur aktuellen Diskussion beitragen wird." Ohnehin stelle die Gemeindebücherei regelmäßig Werke vor, die auf vorderen Plätzen der Spiegel-Bestsellerliste rangieren; dort findet sich "Mekka Deutschland" derzeit auf Platz 18. Gabel sagt aber auch, sie und ihre Kolleginnen wehrten sich massiv dagegen, in die rechte Ecke gestellt zu werden. "Es gibt das Recht auf freie Meinungsäußerung, und das halten wir auch hoch", sagt Gabel. "Mit den Thesen in diesem Buch sind wir nicht einverstanden."

Der Kopp-Verlag mit Sitz in Rottenburg am Neckar, der Ulfkottes Buch herausgibt - wie auch das Werk "Gekaufte Journalisten", in dem der Autor Journalisten Bestechlichkeit und führenden Medien bewusste Manipulation vorwirft, vertreibt insbesondere Publikationen im Bereich der Verschwörungstheorien sowie der sogenannten rechten Esoterik.

Die Gemeindebücherei lobt den Autor Ulfkotte für "Mekka Deutschland" unter anderem mit folgenden Worten: "Er gibt seinen Bedenken viel Raum, dass Europa eine Kolonie des Islams werden könnte und nimmt keinerlei Rücksicht auf die Denkverbote der politischen Korrektheit." Das Buch wird weiterhin im Angebot der Bibliothek bleiben.

Die Aufnahme des Buchs in die Lesetipps, die von der Bücherei monatlich in den Ortsnachrichten veröffentlicht werden, haben zu Reaktionen aus der Bevölkerung geführt. Bürgermeister Thomas Glashauser (CSU) bestätigte, dass die Verwaltung "zahlreiche Anrufe der Verärgerung" erreicht hätten. Ein abschließendes Urteil wollte sich Glashauser noch nicht erlauben. Der Bürgermeister trägt die redaktionelle Verantwortung für die Nachrichten, überprüft eigenem Bekunden nach die Zeitschrift vor Veröffentlichung aber nicht. "Ich will darüber erst mit den Mitarbeiterinnen der Bücherei sprechen. Die Platzierung neben der Asylhelfer-Meldung ist aber mehr als unglücklich." Darüber hinaus, sagte Glashauser, sei bekannt, wie "positiv, offen und tolerant" die Gemeinde mit Flüchtlingen umgehe.

© SZ vom 14.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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