14. Auflage:Melancholie des Südens

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Wie immer bei der Grünwalder Sommernacht, so ist auch bei der 14. Auflage der Innenhof der Burg lichttechnisch schön in Szene gesetzt - so heiß wie beim diesjährigen Auftritt von Quadro Nuevo war es aber wohl noch nie. (Foto: Claus Schunk)

Quadro Nuevo präsentiert bei der Grünwalder Sommernacht in der Burg raffiniert arrangierte Canzoni und Tangos

Von Udo Watter, Grünwald

Zarte, von menschlichen Lippen geformte Töne schweben in die stimmungsvoll illuminierte Nacht. Melodisches Pfeifen ist eine Kunst, die intonatorische und expressive Feinheiten erfordert und da hilft es durchaus, wenn man schon qua Profession eine durchtrainierte Lippenmuskulatur und quasi immer die richtige Mundstellung hat: Mulo Francel, im musikalischen Hauptberuf Saxofonist und Klarinettist, veredelte das Lied "Paroles, Paroles" zu Einstieg und zum Ausklang klangvoll ohne technische Hilfsmittel. Seine gepfiffenen, über das Mikro sanft hallenden Töne gaben dem italienischen Song von 1972, der in der französischen Variante mit Dalida und Alain Delon allerdings bekannter ist, eine zauberische Note. Überhaupt war diese Interpretation, die Francel mit seinen drei Kollegen von Quadro Nuevo bei der Grünwalder Sommernacht im Hof der Burg präsentierte, wunderbar unaufdringlich und delikat arrangiert - er selbst zeigte beim Refrain natürlich auch noch, warum er für seinen sinnlichen Saxofon-Sound bekannt ist.

"Canzone della Strada" hieß das Programm des Abends und das gleichnamige Lied mit seinem treibenden Rhythmus atmete die erhoffte mediterrane Leichtigkeit, andere italienische Volkslieder wie "Luna rossa" (roter Mond) woben sehnsuchtsvolle südliche Klangbilder.

Mulo Francel, Akkordeonist Andreas Hinterseer sowie D. D. Lowka (Kontrabass, Perkussion) und Pianist Chris Gall nahmen das Publikum an diesem Abend aber noch mit auf reizvolle Klangexkursionen in andere Länder. Das Reisen und Unterwegssein in allen Facetten gehört bei dem 1996 gegründeten Ensemble ohnehin zum Selbstverständnis: Weltmusik, Jazz, Tango, Balkan und Volkslieder aus allen möglichen Regionen - Quadro Nuevo lässt sich von vielen musikalischen Einflüssen und Traditionen inspirieren und wurde dafür auch schon mit zahlreichen wichtigen Preisen ausgezeichnet, unter anderem zweimal mit dem Echo-Jazz.

Bei der Grünwalder Sommernacht ist das Ensemble, zu dem sonst auch die Harfenistin Evelyn Huber zählt, bereits zum dritten Mal. Als sie 2015 hier ihr Tango-Programm präsentierten, sahen sie sich bei kühlen Temperaturen und leichtem Nieselwetter den in rosa Regenponchos gekleideten Besuchern gegenüber. Diesmal konnte Francel dem Publikum, in dem eine hohe Fächerdichte auszumachen war, die "mediterranste Grünwalder Nacht" des diesjährigen Sommers versprechen.

Das Schöne an den vier Musikern ist, dass sie keine übertriebenen Selbstdarsteller ihrer zweifellos hohen Virtuosität sind, dass ihre Arrangements eine sublime poetische Klangsprache suchen und nicht auf eine effektsichere Gassenhauerei angelegt sind. So spielen sie an diesem Abend, der nach dem Konzert noch mit Wein und italienischem Vorspeisenteller abgerundet wurde, auch das rhythmisch packende und exotisch groovende Stück eines zeitgenössischen ägyptischen Oud-Spielers. Oder eine Komposition von Chris Gall, die der 44-jährige Jazzpianist eigentlich für den Radiohead-Sänger Thom Yorke geschrieben hatte und das ruhige, ambient-artige "Icarus' Dream", das von einer gemeinsamen Bergwanderung auf der Ägäis-Insel Samos inspiriert ist. Natürlich darf auch die Melancholie des Tangos nicht fehlen, klassisch mit "Por una Cabeza und Tango Nuevo mit Ástor Piazzollas "Fuga y Misterio". Zum Finale noch das schmelzhaft schwebende "Caruso" des 2012 verstorbenen Liedermachers Lucio Dalla - eine Hommage an den großen Tenor aus Neapel. Stimmungsvoll und berührend.

© SZ vom 27.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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