Landkreis München:Auf die Sitze, fertig, los

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Hunderte treten wieder beim "Stadtradeln" in die Pedale

Von Iris Hilberth, Landkreis München

Wenn Familie Nußbaum, Besitzerin der gleichnamigen "Ranch" in Oberhaching aus ihrer Garagenausfahrt auf die Linienstraße einbiegen will, dann braucht sie mitunter gute Nerven und Geduld. Nicht etwa, dass dort so viele Autos vorbeikommen, die fahren dort so gut wie gar nicht. Dafür aber ist selbst an Werktagen und bei schlechtem Wetter die Strecke stark von Radfahrern frequentiert. Es ist eine der Hauptrouten aus dem Süden in Richtung München, die an dem kleinen Biergarten vorbeiführt und dann die Biege unter der Bahn hindurch macht. 1800 Radfahrer am Tag hat die Gemeinde Oberhaching bereits gezählt. Und es sollen noch mehr werden, sobald die Strecke besser ausgebaut ist. Der Spatenstich dazu ist vergangene Woche erfolgt.

Für alle die noch überzeugt werden müssen, dass der Umstieg vom Auto auf das Fahrrad nicht nur der sportlichen Fitness dient, sondern durchaus eine praktikable Alternative zum Stau im Berufsverkehr darstellt, startet am kommenden Sonntag, 28. Juni, zum siebten Mal hintereinander die deutschlandweite Aktion "Stadtradeln". 21 Tage lang gilt es dann wieder, möglichst viele Kilometer mit dem Rad zurückzulegen. "Auf die Sitze fertig los" wirbt das Landratsamt München für eine Teilnahme. Und um die positiven persönlichen Auswirkungen des Mitradelns zu unterstreichen, verweist die Behörde auf die Weltgesundheitsorganisation WHO, nach deren Angaben bereits täglich 30 Minuten moderate körperliche Aktivitäten reichen, um das Risiko von Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Herz- und Kreislaufprobleme zu verringern.

Natürlich profitiert auch die Umwelt. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat vor einigen Jahren mal ausgerechnet, dass sich etwa 7,5 Millionen Tonnen CO₂ alleine in Deutschland vermeiden ließen, wenn etwa 30 Prozent der Kurzstrecken bis sechs Kilometer in den Innenstädten mit dem Fahrrad statt mit dem Auto gefahren werden. Laut Landratsamt würde jeder Berufspendler, der etwa fünf Kilometer mit dem Rad zur Arbeit und zurück fährt etwa 300 Kilogramm CO₂-Emissionen im Jahr einsparen.

Der Landkreis München ist beim Stadtradeln inzwischen weit vorne dabei. Im vergangenen Jahr haben fast 5500 Radfahrer im Wettbewerbszeitraum fast 1,2 Millionen Kilometer zurückgelegt und damit in der Kategorie der Kommunen mit 100 000 bis 499 000 Einwohnern bundesweit Platz zwei belegt - besonders fleißig waren dabei vor allem Kinder und Jugendliche aus Planegg.

Auch in diesem Jahr wollen wieder Teams aus 26 der 29 Kommunen im Landkreis mitradeln. Hartmut Schüler, der Landkreis-Beauftragte des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) beobachtet das Engagement mit Freude. Erstmals schickt auch seine Heimatgemeinde Straßlach-Dingharting ein Team ins Rennen. Insgesamt spricht Schüler vor allem in der Corona-Krise von einer steigenden Anzahl von Menschen, die im Landkreis mit dem Rad unterwegs sind. "Das sind sowohl Freizeitradler als auch Berufspendler", sagt er. Dass viele auch nach der Pandemie bei dem Umstieg bleiben, davon ist er überzeugt. Er habe das bei sich selbst festgestellt: "Wenn man erst mal mit dem Radfahren begonnen hat, will man es nicht mehr missen."

Schülers Beobachtungen entsprechen auch denen seiner Kollegen in der Stadt. "Aktuell sind in München schon rund 25 Prozent mehr Radlfahrer unterwegs, obwohl viele noch im Homeoffice sind und an Schulen und Unis kaum Betrieb ist", teilte der Münchner ADFC-Vorsitzende Andreas Groh Ende Mai zum Start einer anderen Mitmachaktion mit. "Mit dem Rad zur Arbeit" heißt die, wurde von AOK und ADFC am 1. Juni gestartet und läuft noch bis 30. September. Neu ist, dass 2020 auch Fahrten rund ums Homeoffice zählen.

Für das Stadtradeln kann man unter www.stadtradeln.de/landkreis-muenchen/ ein eigenes Team (ab zwei Personen) anmelden oder einer Mannschaft beitreten.

© SZ vom 22.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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