Landgericht München:Mord im Gärtnerplatzviertel bleibt ungesühnt

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  • Das Landgericht München spricht einen 37-Jährigen vom Vorwurf frei, die Witwe Ingrid W. erdrosselt zu haben - obwohl es belastende Hinweise gibt.
  • In der Wohnung der Toten sowie an deren Körper und Kleidung entdeckten Fahnder zahlreiche DNA-Spuren, die dem Angeklagten zugeordnet wurden.
  • Neben den DNA-Spuren von Roman H. war aber auch genetisches Material von drei bis vier weiteren Männern gefunden worden.

Von Andreas Salch, München

Der Mord an der Witwe Ingrid W. aus dem Gärtnerplatzviertel wird vermutlich nie mehr aufgeklärt werden. Nach mehrmonatiger Beweisaufnahme hat die 2. Strafkammer am Landgericht München den 37-jährigen Roman H. freigesprochen. Der gelernte Schweißer stand unter dem dringenden Verdacht, die 69-Jährige im Oktober 2013 in ihrem Appartement in einem Mehrfamilienhaus an der Corneliusstraße Ecke Müllerstraße erdrosselt und ihren Schmuck gestohlen zu haben.

Roman H. war bald nach der Tat ins Visier der Ermittler geraten. Denn in der Wohnung der Toten sowie an deren Körper und Kleidung entdeckten Fahnder zahlreiche DNA-Spuren, die dem 37-Jährigen zugeordnet wurden. Allerdings, sagte der Vorsitzende Richter Norbert Riedmann am Mittwoch bei der Urteilsbegründung, ergäben sich aus den Feststellungen, die hieraus gewonnen wurden, "erhebliche Zweifel" hinsichtlich der Täterschaft des Angeklagten. Neben den DNA-Spuren von Roman H. war auch genetisches Material von drei bis vier weiteren Männern gefunden worden.

Roman H. und die Witwe kannten sich. Zeitweise lebten sie sogar auf derselben Etage des Mehrfamilienhauses. H. hatte die 69-jährige Rentnerin über seine Mutter kennengelernt, die ebenfalls in dem Haus lebt. Die Staatsanwaltschaft war davon ausgegangen, dass der Angeklagte erkannt habe, dass die Witwe Wertgegenstände besaß, die er stehlen könnte. Um sich ihr Vertrauen zu erschleichen, soll er ihr angeboten haben, handwerkliche Tätigkeiten für sie zu erledigen.

Warum es zum Freispruch kam

Da Ingrid W. diese Hilfe annahm, hatte Roman H. Zutritt zu ihrer Wohnung. Auch zwischen dem 4. und 5. Oktober 2013 soll sich H. in ihrer Wohnung aufgehalten haben. Da die Frau aber bemerkt haben soll, dass Roman H. ihre Wertgegenstände stiehlt, soll sie ihn zur Rede gestellt haben. In dieser Situation soll der 37-Jährige die Rentnerin niedergeschlagen und erdrosselt haben.

Doch Richter Riedmann stellte fest: "Wir können nicht klar sagen, was sich in der Wohnung ereignet hat." Obwohl es Hinweise gebe, dass der Angeklagte der Täter ist oder zumindest an der Tat beteiligt gewesen sein könnte, blieben gleichwohl Zweifel übrig, sagte Riedmann und fügte hinzu: "Wir sind alles andere als von der Unschuld des Angeklagten überzeugt." Sollte nicht eines Tages "Kommissar Zufall" den Ermittlern helfen, werde der Mord an Ingrid W. nie aufgeklärt werden können. Für die Angehörigen der Toten mag dies sehr unbefriedigend sein, wie der Vorsitzende Richter einräumte.

Die Staatsanwaltschaft hatte eine Verurteilung wegen Mordes zu lebenslanger Haft gefordert. Am Ende sprach das Gericht Roman H. lediglich wegen des Diebstahls einer Kamera aus einem Hotelzimmer schuldig und verhängte dafür sechs Monate Haft. Die Strafe hat sich durch die Dauer der Untersuchungshaft bereits erledigt.

© SZ vom 02.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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