Laim:Umzug nach nebenan

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Der Laimer Bauernmarkt muss seinen bisherigen Standort an der Agnes-Bernauer-Straße aufgeben, könnte aber beim Kulturzentrum Interim eine neue Bleibe finden

Von Andrea Schlaier, Laim

Die Seniorin hat ihren gelben Anorak ganz hoch geschlossen. Es ist kühl an diesem Morgen, leichter Nieselregen. Doch der hält kurz nach neun Uhr weder sie noch viele andere Laimer davon ab, sich hierher auf den Weg zu machen, an die Agnes-Bernauer-Straße, kurz hinter der Kreuzung zur Fürstenrieder Straße. Am Stand von Martin Mönch, der Küchenschellen, Narzissen und Tulpen aus seiner Freimanner Gärtnerei anbietet, hat sich eine lange Schlange gebildet.

Seit 18 Jahren gibt es das Angebot auf dem klitzekleinen Grundstück. (Foto: Catherina Hess)

Schräg gegenüber werden in den nächsten eineinhalb Stunden sämtliche Saiblingfilets der Loisachtal-Forellenzucht aus ihrem Bett auf Eis über die Theke gereicht. Die Dame mit dem gelben Anorak stellt ihr Einkaufswägelchen ein paar Meter weiter vor dem Wagen mit Ziegenmilchprodukten ab, die auf einem Hof in Deutenhausen hergestellt werden.

Sie grüßt die Chefin auf der anderen Seite der Käsetheke mit erhobener, verbundener Hand: "Jetzt hammer uns lang nimmer g'seng. Erst waren Sie nicht da, dann hab ich mir den Arm gebrochen. Nicht, dass Sie meinen, ich hätt' Sie verlassen!" Angela Christof auf der anderen Seite lacht herzhaft. Die Sprecherin des Laimer Bauernmarktes weiß, dass sie sich auf ihre Kunden verlassen kann.

Äpfel gefällig? Oder Blumen? Die Laimer schätzen das Angebot ihres Bauernmarktes. (Foto: Catherina Hess)

Seit 18 Jahren gibt es das Angebot auf dem klitzekleinen Grundstück, das nur dann aufblüht, wenn hier Freitagvormittags die Direktanbieter an ihren neun Ständen unter anderem Obst, Gemüse, Fleisch, Wurst, Fisch, Käse und selbstgebackenen Kuchen feilbieten. Wer die Einkäufer auch an einem solch ungemütlichen Morgen nach einem Urteil über das Angebot fragt, ist schnell umringt von Taschen schleppenden Menschen, die "auch noch was Gutes über den Bauernmarkt" sagen wollen.

Vor den Ständen bilden sich meist lange Schlangen. (Foto: Catherina Hess)

Und neuerdings auch was dazu, dass die Viktualien von hier wegziehen sollen. Denn nachdem das Münchner Bildungsreferat auf diesem städtischen Grundstück eine Erweiterung der Grund- und Mittelschule an der Fürstenrieder Straße ins Auge fasst - der Pausenbereich schließt rückwärtig an das Bauernmarkt-Gelände an -, sind die Standlbesitzer unruhig geworden.

"Die Händler sind verunsichert und die Kunden auch", sagt Veronika Westhus von den Markthallen München, die den Bereich Wochen- und Bauernmärkte in München managt. "Wir müssen eine Grundlage für einen dauerhaften Marktplatz schaffen, die Leute müssen wissen, wo sie hingehören." Seit längerem ist auch der Willibaldplatz im äußersten Westen Laims als Destination im Gespräch. Er wird derzeit vom Baureferat umgeplant. CSU-Stadtrat Max Straßer hat in einem Stadtrats-Antrag außerdem den Bereich zwischen Riegerhof- und Valpichlerstraße bei der Paul-Gerhardt-Kirche als Standort vorgeschlagen. Bei Straßers Parteikollegen im Bezirksausschuss fand der Vorstoß allerdings keinen Gefallen, auch weil die Zufahrt zur benachbarten Lukasschule am Freitagvormittag blockiert würde. "Wir sind davon auch nicht begeistert", sagt Marktsprecherin Christof: "Da bist du weg vom Schuss und wirst verschluckt!" Ihre Kollegen und auch "die Mehrheit der Kundschaft" hätten einen anderen Favoriten: den Laimer Anger, 200 Meter weiter westlich an der Agnes-Bernauer-Straße zwischen Konditorei Detterbeck und Kulturhäuschen Interim. Hierher war der Markt schon einmal wegen Bauarbeiten verlagert worden, und, sagt Christof, "das hat einwandfrei funktioniert".

Könnte passen: Das Areal rund um das Kulturzentrum Interim ist als neuer Standort des Bauernmarktes im Gespräch. (Foto: Catherina Hess)

Und genau hierher haben Vertreter der Markthallen München, die ans Kommunalreferat angebunden sind, alle, die in der Sache amtlicherseits mitreden können, geladen. Die Spekulationen sollen nicht länger ins Kraut schießen. In der Runde, der auch Vertreter des Bezirksausschusses (BA) beiwohnen, wird schnell klar, dass dem Anger auch von Seiten der Politik eine Favoritenrolle zukommt.

Doch vor dem bürgerlichen Wünschen stehen noch reichlich behördliche Fragezeichen. "In solchen Grünanlagen sind nur ausnahmsweise gewerbliche Aktivitäten erlaubt", hebt Michael Petz vom Kommunalreferat (KVR) als erster Widersprecher an. Und schiebt die Frage der Anwohner-Akzeptanz gleich hinterher: "Weil zu viel los war, haben wir letztes Jahr mit dem BA festgelegt, dass mindestens zwei Wochenenden Pause sind zwischen den einzelnen Veranstaltungen." Marktmanagerin Westhus opponiert: "Man kann einen Bauernmarkt zur Versorgung der Anwohner an einem halben Tag in der Woche nicht vergleichen mit jeglichen anderen Veranstaltungen!" Alexandra Gaßmann (CSU) vom BA springt bei: "Außerdem gibt's hier zwischen 7.30 und 13 Uhr weder Musik noch Bewirtung." Gudrun Kloos vom Gartenbaureferat spricht von der zu erwartenden Verdrängung anderer Veranstalter. Sie denke an den jährlichen Fischmarkt. Ihr Gegenargument greift in der Runde nur bedingt, schließlich ist genau dieses Event im Viertel äußerst umstritten wegen des Angebots und der Lautstärke des begleitenden Musikprogramms. SPD-Fraktionssprecherin Martha Mertens sagt's mal so: "Die Tendenz geht hier eher zum Bauernmarkt als zum Fischmarkt."

Hermann Böck, beim KVR für den Straßenverkehr zuständig, wirft die Parkfrage am Anger auf: "Am alten Standort nutzen manche ihr Fahrzeug als Zwischenlager, wo sollen die hier hin mit ihren 7,5-Tonnern?" Grünen-Sprecher Ingo Westcombe-Benn schlägt vor, die Halteverbotszone entlang der Agnes-Bernauer-Straße für die Markt-Dauer ebenfalls weiter nach Westen bis vor die Konditorei zu verschieben.

Knackpunkt, so die KVR-Mitarbeiter, sei die Feuerwehreinfahrt ebenfalls auf dieser Höhe. Die Zufahrt zum Markt könne über das Interim erfolgen, die Buden einseitig auf dem gepflasterten Weg aufgestellt werden. Wenn's gewünscht werde, lenken die versammelten Amtsvertreter überraschend ein, solle der Umzug an den Anger an ihnen nicht scheitern. Die Markthallen-Managerin muss vorab noch die Anwohner in die Entscheidung einbinden. Mit einem schnellen Umzug, müsse man nicht rechnen, so Westhus. "Dieses Jahr passiert das nicht mehr."

Die Dame im gelben Anorak hat ihren Käse längst verstaut. Der Anger, sagt sie und reiht sich in die Schlange des Gemüsebauern ein, sei übrigens auch ihr Favorit. "Nicht der Willibaldplatz, obwohl ich da wohne." Denn dort, glaubt sie, stünden die Stände den kleinen Läden bei der Anlieferung im Weg. Außerdem seien der dortige Blumen- und Käseladen und Metzger wohl nicht angetan von der Konkurrenz.

© SZ vom 15.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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