Laim:Korrekturbedarf

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Die Ortschronik muss überarbeitet werden: Der verheerende Großbrand von Laim hat das Dorf erst 1849 in Schutt und Asche gelegt und nicht, wie lange behauptet, bereits zwei Jahre zuvor

Von Andrea Schlaier, Laim

"In dem eine Stunde von hier, nahe an der Eisenbahn gelegenen freundlichen Dörfchen Laim brach gestern Abends halb 8 im Stadel des dortigen Wirtshauses Feuer aus, das in kurzer Zeit 8 Wohnhäuser nebst Oeconomiegebäuden in Schutt und Asche legte." Diese Nachricht wurde am Donnerstag, 13. September 1849, im Neuen Münchener Tagblatt veröffentlicht. Damit steht fest, dass dieses für die Gemeinde einschneidende Ereignis erst zwei Jahre später stattfand, als in aktuellen Orts-Chroniken vermerkt. Der verheerende Großbrand wütete also am 12. September 1849 in Laim. Bislang waren die örtlichen Geschichtsforscher davon ausgegangen, dass der kleine Ort ein oder zwei Jahre vorher zu großen Teilen ausgelöscht worden war. Lothar Schmidt, stellvertretender Vorsitzender des Historischen Vereins Laim, hat das tatsächliche Datum nach akribischer Recherche "ausgegraben".

Jahrzehntelang, sagt Josef Kirchmeier vom Historischen Verein, sei man davon ausgegangen, dass der Großbrand 1847 westlich von München gewütet habe. "Wann diese Jahreszahl vom wem in die Welt gesetzt wurde, lässt sich heute nicht mehr nachprüfen." Tatsache ist aber wohl, dass infolge des Infernos von den 28 Häusern, Höfen und geduckten Wohnstuben, in denen damals 240 Menschen lebten, 17 dem Erdboden gleich gemacht worden sind - darunter auch die Dorfwirtschaft. Kurzum eine Katastrophe, die den Flecken in weiten Teilen auslöschte.

Die Brandkatastrophe in Laim fand erst zwei Jahre später statt als gedacht. (Foto: privat)

Jede Laimer Chronik, die etwas auf sich hält, berichtet von dieser grausamen Zäsur. Gleichwohl, sagt Kirchmeier, seien Belege für die entsprechende Jahreszahl nie vorgelegt worden. Vor einigen Jahren nun machte sich der Historische Verein daran, im Stadtarchiv Nachforschungen anzustellen. Dabei stieß man auf eine Jubiläumsausgabe des Laimer Wochenblattes von 1935. Darin wird die Feuersbrunst auf das Jahr 1848 datiert. Es heißt: "Vor einer schweren Heimsuchung wurde das friedliche Dörfchen im Herbst des Jahres 1948 an einem Frauentage getroffen, als gegen Abend eine verheerende Feuersbrunst 13 Firste, darunter auch die Dorfwirtschaft, zum ,Krüglwirt' genannt, in Asche legte." Für Heimatforscher Lothar Schmidt ist unerklärlich, warum diese Jahreszahl bislang nirgendwo aufgegriffen wurde und warum niemand gemahnt habe, dass das Wirtshaus ganz anders hieß, nämlich "Prieglbräu", nach dem damaligen Wirt. Doch stimmen könne dieses Datum auch nicht.

Schmidt untermauert seine neuesten Entdeckungen zum Thema mit zwei historischen Dokumenten, beides aktuelle Nachrichten der maßgeblichen Zeit. Sowohl das "Neue Münchener Tagblatt" als auch die "Neuesten Nachrichten", schilderten damals das aktuelle Großereignis. Im Tagblatt ist etwa zu lesen: "Die Entstehung dieses Brandes wird allgemein verruchter Hand zugeschrieben. 9 Familien sind obdachlos geworden. Der reiche Erntesegen ist in Flammen aufgegangen, und das Unglück hat Jene so schwer getroffen, daß sie sich wohl nicht mehr erholen werden, wenn nicht christliche Nächstenliebe und Barmherzigkeit die hilfreiche Hand darbietet." Als besonders tatkräftig bei der Löschung und der "Rettung von Habseligkeiten" soll sich dabei eine in Nymphenburg "garnisonirende Schwadron Kürassiere" hervorgetan haben, von denen einige beim Ausbruch der Flammen wohl gerade im Wirtshaus weilten. "Darunter verdienen besonders jene 4 Braven öffentlich belobt zu werden, welche mit Gefahr ihres eigenen Lebens eine Kindbetterin dem nahen Flammentode entrissen." Auch deshalb sei kein Menschenleben verloren gegangen. Ein Pferd und zwei Schweine hätten indes nicht mehr gerettet werden können.

Die Laimer sind stolz auf ihre Feuerwehr. Doch nach dem Großbrand von 1849 vergingen noch 30 Jahre, ehe in dem Örtchen eine eigene Wehr gegründet wurde. (Foto: N/A)

Beim Wiederaufbau, so schildert Schmidt seine Recherche-Ergebnisse, hätten die Laimer auf prominente Unterstützung zählen können. In der Ausgabe der "Neueste Nachrichten" sei davon die Rede, dass auch seine Majestät der König den "Abgebrannten von Laim" ein namhaftes Geschenk habe zukommen lassen. Im Herbst 1849, in den Tagen nach dem großen Feuer, meldeten die Zeitungen laufend, dass auch die Bevölkerung "milde Gaben" in den Münchner Vorort brachte. Die Summe an Artikeln lassen für die Laimer Historiker nur den einen Schluss zu: Der Großbrand des Viertels wütete definitiv erst am 12. September 1849 durchs Dörfchen. Damit müssen nun einige Laimer Chroniken gründlich überarbeitet werden.

© SZ vom 21.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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