Laim:Eine Frage des Bewahrens

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Umstrittenes Objekt: Das Gelände der ehemaligen Glockengießerei an der Mitterhoferstraße 7 in Laim. (Foto: Robert Haas)

Eigentümer und Denkmalschützer streiten vor dem Verwaltungsgericht über die alte Laimer Glockengießerei

Von Julian Raff, Laim

Für jene Laimer, die dort gerne ein Museum sähen, steht außer Frage, dass die frühere Glockengießerei Oberascher an der Mitterhoferstraße Schutz als Baudenkmal verdient. Über die historische Bedeutung des Gebäudes, wo unter anderem das Rathaus-Glockenspiel entstand, konnten sich Eigentümer und Denkmalschützer vor dem Münchner Verwaltungsgericht ebenfalls noch verständigen, nicht jedoch darüber, ob diese nach umfangreichen Innenumbauten der 1960er-Jahre noch "ablesbar" ist. Gegen die Aufnahme in die Denkmalliste und entsprechende Veränderungsverbote hatte der heutige Eigentümer, die Heimbau Bayern GmbH, geklagt, nachdem das Landesamt im Frühjahr 2017 eine Kehrtwende in Richtung Denkmalschutz vollzogen hatte. Noch 1988 hatte die Behörde angesichts einer Vielzahl vergleichbarer Industrierelikte den Denkmalstatus verneint.

Der Umschwung vollzog sich unter öffentlichem Druck aus dem Viertel, nachdem der Eigentümer einen 1,50 Meter hohen hölzernen Glockenturm auf dem Dachfirst hatte abbrechen lassen. Entgegen anderslautenden Vermutungen geschah dies aus Sicherheitsgründen und um ein Loch im Dach schließen zu können - nicht aber als Auftakt zum Komplettabriss, wie Anwalt Stefan Dietlmeier umso glaubhafter versichern konnte, als dass das Gebäude bis 2031 an einen metallverarbeitenden Betrieb vermietet ist. Im großen Stil werden dort schon seit 1939 keine Glocken mehr gegossen, als die Produktion kriegsbedingt gedrosselt wurde. Das Geschäft kam nach dem Krieg nicht mehr recht in Schwung und wurde von der Familie Oberascher 1952 aufgegeben. Zehn Jahre später zog die Kesselofenfabrik "Vesuv" ein und ließ unter anderem einen 10 000-Liter-Öltank an jener Stelle installieren, wo zuvor die historischen Gussgruben im Boden lagen. Zwecks Öl-Auslaufschutz wurden die Gruben womöglich komplett mit Beton verfüllt. Zumindest eine darüberliegende Betonplatte lässt dies vermuten und verdeckt zugleich den prüfenden Blick. Mit Schornsteinen und Schmelzöfen fehlten zwei weitere Elemente, die heute noch vom Gussbetrieb künden könnten, so Anwalt Dietlmeier, für den "nichts, aber auch gar nichts mehr auf eine Gießerei hindeutet".In der Gerichts-Tiefgarage sehe es auch nicht anders aus, so Dietlmeier, abgesehen vielleicht von einem historischen Laufkran, wie man ihn aber auch anderswo finde.

Denkmalschützer Burkhard Körner misst dem Kran natürlich mehr Aussagekraft bei und deutet auch die hiesige Glockengießerei-Tradition beziehungsweise deren Fehlen anders: Gerade weil München, anders als Lübeck oder Köln, nie eine Hochburg dieser Handwerkskunst gewesen sei, verdienten die raren Überbleibsel Schutz, so Körner. Referenzbauten gleichen Alters gibt es im Freistaat nicht, zumindest laut einer von beiden Seiten angeführten Wikipedia-Liste. Ein schützenswertes Unikum bräuchte aber eben "ablesbare" Denkmaleigenschaften.

Darüber wollte Richterin Caroline Hesse nicht entscheiden und gab den Fall in die schriftliche Verhandlung weiter - und in die Hände eines anerkannten Gutachters. Dies müsse die Sache nicht verzögern, vielleicht komme ein Experte ja auch schnell zu dem Schluss, dass in Sachen Denkmalschutz nichts mehr zu machen sei. Eine Wendung, die sie, ihrem Eindruck an Ort und Stelle nach, immerhin für möglich hält. Sollte aber die Expertise für die Klägerseite weniger günstig ausfallen, riet sie vor einem Gang zur oberen Instanz ab: Der Verwaltungsgerichtshof entscheide im Zweifel meist für den Denkmalschutz.

© SZ vom 18.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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