Laienschauspieler:"Mit Verlaub, da erkennt mich keine Sau"

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Zehn auf zwölf Meter Mephisto: Der teuflische Verführer ist an der Theatinerstraße kaum zu übersehen. (Foto: OH)

Jürgen von Bomsdorff wirbt im Jahr des Münchner Faust-Festivals als Mephisto und spielt auch sonst gerne Bösewichte

Interview von Johannes Korsche, München/Neuried

Jürgen von Bomsdorff blickt derzeit überlebensgroß von der Theatinerstraße aus auf das Treiben auf dem Marienhof. Als Mephisto, diesem teuflischen Verführer aus Johann Wolfgang von Goethes "Faust", dem derzeit in München ein Kulturfestival gewidmet ist. Und eben jenes 120 Quadratmeter große Plakat, das für ein Konto der Hypo-Vereinsbank wirbt. Von Bomsdorff ist 72 Jahre alt, eigentlich im Ruhestand, doch nebenbei Laiendarsteller und Model. Der Neurieder spielte zum Beispiel schon einmal einen Abt - um in der christlichen Weltsicht zu bleiben, also den "Feind". Sein Mephisto ist noch bis diesen Mittwoch zu sehen.

Herr von Bomsdorff, wie blickt es sich als Mephisto auf die Stadt?

Jürgen von Bomsdorff (lacht): Also, zunächst blickt der Mephisto ja auf die Baustelle auf dem Marienhof. Aber mich als Mephisto würde es amüsieren, zu sehen, wie die Passanten auf mich reagieren. Das stelle ich mir lustig vor.

Wenn Sie an dem Plakat vorbeigehen, erkennt Sie da eigentlich jemand und spricht Sie an?

Nein, das ist noch nicht vorgekommen. Viele sind ja in Eile, wenn sie da vorbeigehen. Mit Verlaub, wenn ich da drunter stehe, da erkennt mich keine Sau. Gut, mein Sohn und meine Lebensgefährtin sind da natürlich die Ausnahme. Aber die wussten es ja auch schon vorher.

Was denken Sie eigentlich bei dem Anblick Ihres 120 Quadratmeter großen Gesichts?

Ich bin immer wieder total überrascht. So etwas kommt ja nur einmal im Leben vor, gerade in dieser Größe. Zehn auf zwölf Meter, das ist schon was.

Wie lange dauerte Ihre Verwandlung zum Mephisto?

Alleine die Visagistin Sandra Geru hat zwei Stunden gearbeitet und mein Gesicht bemalt. Und dann ging es erst ans Eingemachte, das Foto. Mit dem Fotograf Markus Finsterwald habe ich drei Stunden versucht, den richtigen Gesichtsausdruck zu ergattern. Ohne zu blinzeln, so lange im Scheinwerferlicht - das kostet ganz schön Konzentration.

Wie sieht der perfekte Mephisto-Gesichtsausdruck aus?

Gerunzelte Stirn, den Mund minimal nach oben geöffnet und dabei den Blick leicht von unten nach oben führen. Ich finde, das ist mir ganz gut gelungen.

Was kommt bei Ihnen als nächstes? Vielleicht mal den Mephisto spielen?

Nicht gerade Mephisto, ich spiele ja nicht in der Liga von Gustav Gründgens oder Klaus Maria Brandauer. Für mich kämen ohnehin nur Bösewichte in Frage. Von den Guten gibt es ja genug. Vielleicht sieht ja jemand das Foto und denkt sich: "Das Gesicht ist das Richtige für mein nächstes Projekt."

© SZ vom 16.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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