Kurzkritik:Am Grab, vom Krieg

Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks im Herkulessaal

Von Rita Argauer

Während im Nationaltheater die Festspielpremiere "Parsifal" läuft, erprobt das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks nebenan im Herkulessaal ebenso existenzielle Themen. Eigentlich stand das Konzert unter dem Motto der Trauermusik, Strawinskys "Grabgesang" für Orchester sollte auf Schostakowitschs 13. Symphonie "Babij Jar" und Poulencs "Litanies" treffen. Doch Dirigent Yannick Nézet-Séguin wurde krank und sagte ab, John Axelrod übernahm und die "Litanies" wurden durch Samuel Barbers "Adagio for Strings" ersetzt.

Axelrod gelingt damit ein prägnanter Einstieg. Das Stückchen, ursprünglich als Mittelsatz eines Streichquartetts komponiert, kann in seinen übereinanderlaufenden Streicherstimmen etwas Schmalziges und Träges bekommen. Doch hier wirkt es, im zügigen Tempo höchst konstant und im Absetzen der einzelnen Stimmen voneinander, wie ein unaufhörlicher Versuch, ein Ziel zu erreichen, der gleichzeitig scheitert. Die klarsichtige Gebrochenheit passt gut zum Rest. Der Grabgesang spiegelt die verschiedenen Phasen der Trauer. Gemäßigtes Tempo und gedämpfte Holzbläser erinnern an die emotionale Erstarrung bei einem Trauerzug. Dann mischen sich Wut, Aufbäumen und auch zynisch eine tänzerische Leichtigkeit darunter, bevor das Stück stoisch endet. Schostakowitschs Symphonie zeigt schließlich bitter und zum Teil ironisch den Weg vom Krieg in ein auch inhumanes Sowjet-System. Solist Mikhail Petrenko führt theatral vom Schlachtfeld zum Schlange-Stehen um Lebensmittel. Bewegend und aufrüttelnd.

© SZ vom 30.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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