Kunst:Verkehr im Spiegel

Lesezeit: 1 min

Aktion weckt Illusion, Stadtkern sei für Autos freigegeben

Von Alfred Dürr

Kunstaktion, Provokation, Denkanstoß, Spendenaufruf - von allem ein bisschen steckt in dem Projekt des Schwabinger Architektenpaars Petra Lejeune und Hermann Grub. Mit einer riesigen Spiegelinstallation auf dem Odeonsplatz wollen sie die Illusion wecken, die Stadt hätte den Platz, die Theatinerstraße und den historischen Stadtkern für den Autoverkehr freigeben. Der Mammutspiegel vermittelt den Eindruck, die Fußgängerzone sei durch eine breite Straßen-Trasse ersetzt worden.

Die Initiatoren beabsichtigen an prominenter Stelle die Diskussionen über Stadtbildzerstörungen durch die Folgen der Straßenbau-Politik am Laufen halten. Petra Lejeune und Hermann Grub setzen sich seit langem dafür ein, den seit den Sechzigerjahren durch den Mittleren Ring getrennten Englischen Garten wieder zusammenzuführen und dafür die Straße in einen Tunnel durch den Park zu verlegen. Die Erfolgsaussichten sind nicht schlecht. Der Freistaat hat bereits 35 Millionen Euro zugesagt. Außerdem sind die notwendigen Untersuchungen zur Realisierung des Projekts abgeschlossen. Der Stadtrat kann also demnächst darüber entscheiden.

Ein zusätzlicher Impuls für den Bau des Tunnels sollen auch Sponsorengelder und private Spenden sein. Die Allianz-Umweltstiftung hat bereits eine Million Euro fest zugesagt. Bis zu einer halben Million Euro will man am Ende der Spiegelaktion erlösen. Die reflektierende Fläche wird dann nämlich in etwa 300 Segmente aufgeteilt. Wer will, kann für eine möglichst hohe Summe einen speziell mit dem eigenen Namen, einer Nummer und mit individuellem Design gestalteten Anteil erwerben.

Bleibt die Frage, ob diese Aktion, die für ein paar Tage im Mai stattfinden soll, überhaupt genehmigt wird. Zuständig ist die Verkehrsabteilung im Kreisverwaltungsreferat (KVR), der städtischen Ordnungsbehörde. Bereits vor fünf Jahren hatte das Architektenpaar einen Antrag für das Spiegelprojekt gestellt. Damals wie heute sei der inoffizielle Zuspruch aus der Verwaltung groß gewesen, sagt Hermann Grub. Aber manche Experten hatten doch auch große Bedenken. Was ist, wenn Autofahrer durch den Spiegel etwa geblendet, irritiert oder sonst wie abgelenkt werden und es zu einer Massenkarambolage am Odeonsplatz kommt? Am Ende wurde es 2012 nichts aus der Aktion "Spiegelverkehr(t)". Hermann Grub ist zuversichtlich, dass es im zweiten Anlauf klappt. Er wartet auf die Entscheidung der Behörde. Grundsätzlich sei die Sache "genehmigungsfähig", sagt KVR-Sprecher Johannes Mayer. Allerdings müssten wohl eine Reihe von Sicherheitsauflagen eingehalten werden.

© SZ vom 20.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: