Kunst in der Krise:Kampf für die Kunstfreiheit

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Münchner Initiative zieht vor das Bundesverfassungsgericht

Von Michael Zirnstein, München

Es geht Schlag auf Schlag bei der Initiative "Aufstehen für die Kunst". Vor zwei Wochen sind Wolfgang Ablinger-Sperrhacke, Hansjörg Albrecht, Kevin Conners und Christian Gerhaher mit ihrem Eilantrag gegen die pauschale Schließung der Opern-, Konzert- und Theaterhäuser beim Bayerischen Verwaltungsgericht abgeblitzt. Jetzt haben die Anführer der Musiker-Initiative, ergänzt um die Geigerin Anne-Sophie Mutter, die Sängerin Okka von der Damerau und den Dirigenten Thomas Hengelbrock, Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.

"Da die Kunstfreiheit zu den am stärksten im Grundgesetz abgesicherten Kommunikationsgrundrechten gehört und die massiven Einschränkungen bereits über eine unverhältnismäßig lange Zeit gehen und sich wissenschaftlich nicht wirklich begründen lassen, ist eine verfassungsrechtliche Klärung auf höchster Ebene überfällig und angezeigt", so begründen sie den Gang vor die nächste Instanz. Die Initiative will nicht nur die Öffnung der Spielstätten durchboxen, um wieder vor Publikum ihrer Arbeit nachgehen zu dürfen, sondern sie möchte grundsätzlich den Stellenwert der Kunstfreiheit gegenüber anderen Grundrechten wie der ihrer Auffassung nach in der Pandemie bevorteilten Religionsfreiheit und Versammlungsfreiheit legitimieren.

Aktueller Auslöser für die Verfassungsbeschwerde im Eilverfahren ist das "Notbremsegesetz", mit dem der Bundestag auch die ausnahmslose Schließung der Kulturhäuser ab Corona-Inzidenzwerten von mehr als 100 deutschlandweit zementiert hat. Dass man nach Karlsruhe ziehen würde, hatte die Initiative "Aufstehen für die Kunst" aber schon gleich nach dem für sie "fragwürdigen" Urteil in Bayern angekündigt, das "zahlreiche Fehleinschätzungen" aufweise. So sei zum Beispiel die Auffassung des Gerichtes nicht hinnehmbar, dass mit den Aufführungsverboten vor Publikum nicht in die Kunstfreiheit eingegriffen werde, wenn Künstler doch noch im Internet auftreten dürften. Außerdem hätten die Antragsgegner die von der Initiative angeführten Studien nicht entkräftet, nach denen etwa in gut belüfteten Konzerthäusern kein Ansteckungsrisiko bestehe. Auch die Bayerische Staatsregierung sei nun bei einer Anfrage der Landtags-Grünen einen wissenschaftlichen Beweis schuldig geblieben, mit dem sich die Einschränkungen in der Kultur begründen ließen.

"Aufstehen für die Kunst" zieht nicht nur vor das Bundesverfassungsgericht, man strebt weiterhin das Hauptklageverfahren am Bayerischen Verwaltungsgericht an, hält an der Popularklage am Bayerischen Verfassungsgerichtshof fest und erwägt den Gang zum Europäischen Gerichtshof.

© SZ vom 30.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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