Kunst der Pause:Zen-Übung

Lesezeit: 1 min

Michael Hering, Direktor der Graphischen Sammlung

Protokoll von Evelyn Vogel, München

Das Kulturleben steht still. Zumindest äußerlich. Innerlich, in den Stuben und Köpfen der Künstler geht es natürlich weiter. Die Serie "Kunst der Pause" befragt die Kreativen ohne Bühne, die Dirigenten ohne Orchester, die Kuratoren ohne Galerien, was sie nun tun. Michael Hering ist seit 2016 Direktor der Staatlichen Graphischen Sammlung München.

SZ: Woran wollten Sie in diesen Tagen arbeiten, wenn durch Corona nicht alles lahmgelegt worden wäre?

Michael Hering: An meinem kommenden Ausstellungsprojekt K. H. Hödicke im Frühsommer 2020, das von zwei großformatigen Katalogen mit 800 Seiten begleitet wird. Wann die Eröffnung sein wird und wie sie sein wird, das weiß ich heute nicht.

Was machen Sie jetzt stattdessen?

Neben der Arbeit daran gehe ich zum Sonnenaufgang jeden Tag in den Englischen Garten, die Weite und die Stille sind eine mentale Stärkung.

Was hilft Ihnen gegen triste Gedanken in diesen Tagen?

Ich besinne mich auf die Werte, die uns ausmachen und trage sie mehr denn je in meinen eingeschränkten Alltag hinein.

Worauf freuen Sie sich jetzt schon, wenn das kulturelle Leben wieder aufgenommen wird?

Dass wir unsere Herzlichkeit und Liebe füreinander nicht mehr nur über ein freundliches Lächeln aus der Distanz heraus ausleben können.

Haben Sie einen besonderen CD-, Buch-, Musik-, Streaming-, Handarbeits-Tipp für all uns Stubenhocker wider Willen?

Die Partiten von Bach in einer Einspielung von Angela Hewitt, sie dosiere ich fein, sie sind zurzeit schwerer denn je zu hören. Ich tröste mich mit einem Buch, das kontemplativ und erheiternd zugleich ist: "Raku: A Legacy of Japanese Tea Ceramics". Jenseits der visuellen Entspannung erfüllt es mich mit Staunen, dass eine zarte japanische Teetasse des 16. Jahrhunderts in einem anderen Kulturkreis unersetzliches kulturelles Erbe sein kann und zu solchem erklärt wird. Auf ganz leichte Art wird damit die Frage nach Wertigkeiten gestellt - geradezu eine Zen-Übung für Toleranz.

© SZ vom 02.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: