Kunst der Pause:Arbeit ist Leben

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Igor Zelensky lässt freiwillig trainieren - mit Abstand

Protokoll von Rita Argauer, München

Das Kulturleben steht still. Zumindest äußerlich. Innerlich, in den Stuben und Köpfen der Künstler, geht es natürlich weiter. Die Serie "Kunst der Pause" befragt die Kreativen ohne Bühne, die Dirigenten ohne Orchester, die Tänzer ohne Theater, was sie nun tun. Für Balletttänzer etwa ist Stillstand keine Option. Jemand, der diese Kunst auf professionellem Niveau ausüben soll, kann das tägliche Training nicht einfach aussetzen. Der im russischen Labinsk geborene Igor Zelensky war Principal Dancer am Mariinsky-Theater und beim New York City Ballet. Seit 2016 ist er Direktor des Bayerischen Staatsballetts und erzählt von reduzierten Proben und Minimalstauftritten der Kompanie.

SZ: Woran wollten Sie in diesen Tagen arbeiten, wenn durch Corona nicht alles lahmgelegt worden wäre?

Igor Zelensky: Wir wären jetzt eigentlich in der Endprobenphase von Schwanensee, die Wiederaufnahmeserie war für Ende März geplant. Wir haben mit mehreren Besetzungen geprobt, alle wären bereit gewesen und gerne auf die Bühne gegangen.

Was machen Sie jetzt stattdessen?

Der normale Probenbetrieb ist eingestellt, aber ein bisschen arbeiten wir trotzdem weiter. Kunst gehört zum Leben dazu, das wollen wir auch in der Krise zum Ausdruck bringen. Nun, da das Haus für das Publikum geschlossen ist, suchen wir andere Wege. Das Bayerische Staatsballett und die Bayerische Staatsoper haben hierfür die Montagskonzerte ins Leben gerufen, die via Livestream zu den Zuschauern kommen. Mit solistischen Einlagen von Tänzern, Musikern und Sängern. Tänzerinnen und Tänzer, die auch privat ein Paar sind oder im gleichen Haushalt leben, dürfen gemeinsam auftreten. Es ist wichtig, präsent zu bleiben. Außerdem möchten wir den Menschen ein bisschen Ablenkung und Normalität bieten in dieser schwierigen Zeit. Damit die Tänzer fit bleiben, bieten wir außerdem auf freiwilliger Basis ein Training an. Natürlich nur in kleinen Gruppen und mit entsprechendem Sicherheitsabstand von zwei bis drei Metern. Händedesinfektionsspender gibt es standardmäßig sowieso in jedem unserer Ballettsäle, das war auch schon vor Corona so.

Was hilft Ihnen gegen triste Gedanken in diesen Tagen?

Man sagt ja, die Hoffnung stirbt zuletzt. In meiner Amtszeit ist das bei weitem die schwierigste Situation, mit der ich bis jetzt konfrontiert war, und leider betrifft sie die gesamte Menschheit. Uns bleibt, positiv zu denken und auf das Beste zu hoffen. Ich wünsche mir sehr, dass die Pandemie bekämpft wird und bald wieder Normalität einkehrt.

Worauf freuen Sie sich jetzt schon, wenn das kulturelle Leben wieder aufgenommen wird?

Auf die alltägliche Arbeit. Für mich ist Arbeit Leben ...

Haben Sie einen besonderen CD-, Buch-, Musik-, Streaming-, Handarbeits-Tipp für all uns Stubenhocker wider Willen?

Ich entdecke gerade die musikalischen Werke von Richard Wagner wieder. Und zum Glück gibt es heute das Internet. Da findet man ja immer irgendwas Interessantes. Zum Beispiel die Streamings von Staatsballett und Staatsoper.

© SZ vom 27.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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