Kultur in der Krise:Hilfe für die Kunstlandschaft

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Staatsregierung startet Solo­selbständigen­programm

Von Michael Zirnstein, München

Experten und Betroffene äußerten jüngst bei einer Sachverständigenanhörung im Landtag auch Lob für die Kulturnothilfe der Staatsregierung, etwa für die Spielstättenförderung oder die angekündigten "5000 mal 5000 Euro" Nachwuchsstipendien. Aber noch am Dienstag kritisierten viele ebenso das ausstehende Rettungspaket für freischaffende Kulturschaffende. Sie argwöhnten nach Gesprächen im Kunstministerium, diese Hilfe würde, wenn überhaupt, zu spärlich, zu speziell und vor allem zu spät kommen, schließlich müssten einkommenslose Künstler "ihre Semmeln sofort kaufen" und nicht erst nach monatelangem Ringen der Verwaltung, wie Popkultur-Verbandschef Bernd Schweinar monierte.

Prompt hat das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst nun ein "Soloselbstständigenprogramm" gestartet, das die Kritiker fürs erste zufrieden stellen dürfte. Vom gestrigen Freitag, 18. Dezember, 12 Uhr mittags an, können "freischaffende Künstler und Angehörige kulturnaher Berufe" für Oktober, November und Dezember rückwirkend einen "fiktiven Unternehmerlohn" von bis zu 1180 Euro je Monat beantragen, wenn ihre Einnahmen in den letzten drei Monaten des Jahres Corona-bedingt um mindestens 30 Prozent geschrumpft sind.

"Nach komplexen Abstimmungen mit dem Bund" könne man nun jene unterstützen, die "als Berufsgruppe besonders schwer von der Pandemie getroffen wurden", erklärte Kunstminister Bernd Sibler "erleichtert". Das Programm sei mit den Bundeshilfen kumulierbar, heißt es, wer also Wirtschaftsförderung erhalte, bekomme die bayerische Künstlerhilfe oben drauf. Antragsberechtigt sind alle, die ihren Lebensunterhalt seit mindestens 1. Februar 2020 "erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend" aus "künstlerischer oder publizistischer Tätigkeit gemäß dem Katalog der Künstlersozialkasse" bestreiten, aber auch - das war einigen Verbänden besonders wichtig - bisher unberücksichtigte Tätigkeiten ausüben etwa als Veranstaltungsorganisatoren, PR-Agenten, Künstlermanager, Pädagoge und Techniker aus den Bereichen Musik, Theater, bildende Kunst und Design, Film und Medien, Heimat- und Geschichtspflege, Literatur und Museen.

Anders als in einem vom Augsburger Kulturreferenten Jürgen Enninger bisher beobachteten "Windhundeprizip" kommen auch nicht nur die Schnellsten zum Zug. Anträge können bis 31. März 2021 auf der Webseite bayern-innovativ.de/soloselbststaendigenprogramm gestellt werden. Fragen werden unter der Hotline-Nummer 089/21 85 19 42 (Montag bis Freitag, 10 Uhr bis 15 Uhr) und auf der Internetseite wk.bayern.de/solo beantwortet. Sollte man die Hilfe eines Steuerberaters benötigen (Pflicht ist dies allerdings anders als erwartet nicht), kann man sich die Kosten erstatten lassen.

Aus dem Begleitausschuss, in dem Mitglieder von Verbänden wie BBK, VP.By oder BLVKK monatelang an dem Programm mitstrickten, heißt es: "Wir wissen, wie überlebenswichtig dieses Programm für die Branche ist, da viele bislang durch alle Förderraster gefallen sind. Entsprechend erleichtert sind wir über eine Lösung, die sich an der Lebenswirklichkeit der Betroffenen orientiert, praktikabel scheint und vielen hilft. Das ist ein wichtiger erster Schritt für das Überleben einer breiten Kulturlandschaft in Bayern." Auch Bernd Schweinar kann mit dieser Lösung leben. Nach einer "180-Grad-Wende" des Ministeriums habe er seine kürzlich mit Hilfe vieler Prominenter aufgestellte Landtagspetition ausgesetzt.

© SZ vom 19.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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