Kosten der Energiewende:MVG-Chef warnt vor Preiserhöhung

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Ein Fahrkartenentwerter in München. Nun müssen Fahrgäste erhöhte Ticketpreise befürchten. (Foto: Catherina Hess)

Gerade erst sind Fahrkarten teurer geworden, nun könnte eine erneute Preissteigerung auf die Münchner zukommen: Die Bundesregierung will künftig auch Nahverkehrsbetriebe an den Kosten der Energiewende beteiligen - und der MVG-Chef fürchtet, dass die Tickets dann um drei Prozent teurer werden.

Marco Völklein

Die Pläne der Bundesregierung zur Neuordnung der Ökostromförderung könnten vielen Münchnern nicht nur höhere Strompreise bescheren - auch bei den Fahrkarten für den öffentlichen Nahverkehr drohen steigende Ausgaben. Ein zusätzlicher Aufschlag bei den MVV-Tarifen von bis zu drei Prozent sei möglich, warnt Herbert König, Chef der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG).

Grund dafür sind Überlegungen der schwarz-gelben Bundesregierung, die Nahverkehrsbetriebe in großen Städten künftig nicht mehr von der sogenannten EEG-Abgabe zu befreien. Das Kürzel EEG steht für "Erneuerbare Energien-Gesetz" und zwingt jeden Stromkunden in Deutschland dazu, für den Bau von neuen Windkraft-, Solar-, Biogas- und Wasserkraftanlagen einen bestimmten Obolus zu entrichten.

Großabnehmer wie Stahlwerke, Chemiefabriken oder eben Nahverkehrsbetriebe und die Deutsche Bahn sind bislang von dieser Abgabe befreit. In Berlin allerdings wird derzeit diskutiert, diese Befreiung für zahlreiche Branchen aufzuheben - um mehr Gerechtigkeit gegenüber den "normalen" Stromkunden zu schaffen.

Zuletzt wurde aus dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Bundesumweltministerium signalisiert, dass nur noch solche Großabnehmer von der EEG-Umlage befreit werden sollen, die im internationalen Wettbewerb stehen. So will Schwarz-Gelb verhindern, dass Arbeitsplätze ins Ausland verlagert werden. "Ich weiß aber nicht, ob die MVG im internationalen Wettbewerb - etwa mit Nahverkehrsbetrieben in Paris - stehen", hatte Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) jüngst beim Dreikönigstreffen ihrer Partei in München die Berliner Kabinettskollegen in ihren Plänen bestärkt.

Sollten die Bundespolitiker ihr Vorhaben umsetzen, rechnet MVG-Chef König allein für sein Unternehmen mit Mehrbelastungen von elf Millionen Euro pro Jahr. Um das Geld wieder hereinzuholen, werde man zwangsläufig die Fahrgäste belasten müssen, sagt König. Unterm Strich werde allein das eine Preissteigerung um etwa drei Prozent ausmachen - weitere Kostensteigerungen beispielsweise für höhere Personalaufwendungen oder Investitionen in neue Fahrzeuge seien da nicht berücksichtigt.

Die kämen voraussichtlich noch oben drauf. Anfang Dezember 2012 hat der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) die Preise um durchschnittlich 3,7 Prozent angehoben. Eine mögliche Zusatzbelastung aus einer Änderung der EEG-Regeln spielten dabei keine Rolle.

Lobbyarbeit in Berlin

Zusammen mit anderen Nahverkehrsbetrieben versuchen König und MVV-Geschäftsführer Alexander Freitag nun über den Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) den Druck in Berlin zu erhöhen. Die Verbandsleute wollen erneut bei Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) vorsprechen und Umweltminister Peter Altmaier (CDU) bearbeiten.

Auch die Bundestagsabgeordneten aus den großen Städten will man ansprechen und auf die Problematik hinweisen. Schließlich leiste der öffentliche Nahverkehr einen entscheidenden Beitrag zur Reduzierung klimaschädlicher Gase, beispielsweise von CO2, argumentieren die VDV-Leute. Würde man dem Nahverkehr die Befreiung von der EEG-Umlage streichen, "würden also gerade diejenigen belastet, die sich klimapolitisch besonders vernünftig verhalten", sagt König. Auch MVV-Chef Freitag sieht die Bundesregierung "auf einem völlig falschen Weg". Die Nahverkehrsbetriebe würden zwar sicher nicht ins Ausland abwandern, sagt König. "Aber mancher Fahrgast würde wieder auf's Auto umsteigen." Und das sei "ein energie- wie klimapolitisches Eigentor".

Schützenhilfe bekommen Altmaier und Rösler indes von ungewohnter Seite: Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) ist dagegen, Bahn und kommunale Verkehrsbetriebe von der Umlage zu befreien. "Inzwischen erhält die Befreiung fast jedes Unternehmen, das sie beantragt", kritisiert BUND-Chef Hubert Weiger. Auch wenn der Nahverkehr umweltfreundlich unterwegs sei, "kann man sich nicht einfach aus dem Staub machen, wenn es darum geht, die Lasten für die Energiewende zu schultern", ergänzt Weigers Sprecher Rüdiger Rosenthal. Zudem müsse man Anreize für Unternehmen schaffen, Energie zu sparen - das gelte auch für Bahn und große Nahverkehrsbetriebe.

© SZ vom 14.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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