Ein neues Münchner Konzerthaus soll im Werksviertel am Ostbahnhof entstehen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wird Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) der Staatsregierung an diesem Dienstagvormittag empfehlen, einen Bau an diesem Standort zu forcieren. In den nächsten Monaten sollten gemeinsam mit dem Grundstücksbesitzer Werner Eckart und der Stadt München die nötigen Schritte für Planänderungen, Architektenwettbewerbe und finanzielle Verhandlungen unternommen werden.
Dieser Vorschlag war erwartet worden, allerdings gab es bis zuletzt ein heftiges Ringen um die Entscheidung. Eine Gruppe um den Münchner Anwalt Josef Nachmann und Ex-Wissenschaftsminister Thomas Goppel warb intensiv dafür, die alte Paketposthalle an der Friedenheimer Brücke zu einer Art "Musikstadt" mit mehreren Konzertsälen umzubauen.
Berg am Laim:Warum der Konzertsaal ins Werksviertel muss
Fakten statt Illusionen: Am Ostbahnhof kann früher, billiger, funktionaler und ästhetisch anspruchsvoller gebaut werden - sowie auch konfliktloser.
Anhänger eines Neubaus im Finanzgarten an der Von-der-Tann-Straße, darunter Martin Wöhr, Vorsitzender der Freunde des BR-Symphonieorchesters, warben in Briefen an Münchner Zeitungen und Eingaben an die Staatskanzlei um diesen Standort. Architekt Stephan Braunfels warf sogar noch den Vorschlag in die Diskussion, das Landwirtschaftsministerium an der Ludwigstraße einfach abzureißen und dort eine neue Philharmonie zu bauen. Und schließlich gab es am Montag im CSU-Parteivorstand auch noch ein vernehmliches Grummeln aus der Landtagsfraktion.
Offenbar treiben die Parlamentarier aber nicht inhaltliche Sorgen um, sondern sie beklagen mangelnde Beteiligung im Vorfeld der Ministerratsentscheidung - ähnlich wie beim Streit über die dritte Startbahn. Deshalb gab es am Montag bis in den Abend noch weiteren Abstimmungsbedarf über die genaue Formulierung des Kabinettsbeschlusses.
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Eine nochmalige Vertagung des Themas, wie es die Anhänger von Paketposthalle und Finanzgarten anstrebten, komme für ihn aber nicht infrage, stellte Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) am Rande der CSU-Vorstandssitzung klar. Der Standort werde am Dienstag beschlossen.
Damit dürfte das Kabinett einen Schlusspunkt hinter eine fast 15 Jahre währende Diskussion über mögliche Standorte für eine neue Philharmonie setzen. Zuletzt hatte ein Lenkungsausschuss der Staatsregierung unter Federführung Spaenles nur noch die Paketpost und eben das Werksviertel untersucht. Dort entsteht in den nächsten Jahren unter der Regie von Besitzer Werner Eckart ein neues Stadtquartier mit Büros, Hotels, Gastronomie, Ateliers und Konzertbühnen.
Was für den Ostbahnhof spricht
Zwei andere Faktoren haben aber offenbar den Ausschlag für die Empfehlung von Spaenles Expertengruppe gegeben. Zum einen könne dort relativ rasch gebaut werden: ein Gutachten des Stadtplanungsbüros Speer und Partner hält eine Inbetriebnahme Ende 2021 für realistisch. Zum anderen halten Fachleute des Finanzministeriums das Projekt am Ostbahnhof für wesentlich kalkulierbarer und günstiger als in der Paketposthalle.
Werner Eckart will das Areal zwar nur in Erbpacht zur Verfügung stellen. Aus Verhandlungskreisen heißt es aber, er habe mehrere günstige Laufzeitoptionen zu "marktüblichen Konditionen" angeboten. Ein Modell: Der Freistaat erwirbt ein Erbpachtrecht erst einmal für 50 Jahre inklusive Verlängerungsoptionen und zahlt dafür 30 Millionen Euro. Das sei deutlich günstiger, als in Neuhausen Investoren die Paketposthalle abzukaufen, heißt es aus den Ministerien. Erwerb, Sanierung und Vorbereitung der Halle für den Umbau würden dort ein Vielfaches kosten. Die Gruppe um Josef Nachmann bestreitet das: Die Kosten seien nur geringfügig höher, dafür gebe es dort viel mehr Möglichkeiten - die Halle sei fast dreimal so groß wie das Areal im Werksviertel.
Konkret verhandelt werden muss in den nächsten Wochen aber ohnehin noch viel. Laut Spaenles Beschlussvorlage seien die wirtschaftlichen Folgen des Projekts noch nicht endgültig abzuschätzen. Und offen ist auch noch, wie sich Privatleute an dem Neubau beteiligen können. Ein Modell dafür ist, eine eigene Konzertsaal-Stiftung zu gründen, in die Mäzene einzahlen könnten.