Konzertsaal:Hier baut der Chef

Lesezeit: 3 min

Bei einem Fototermin hat sich das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks schon mal dorthin gestellt, wo der neue Konzertsaal entstehen soll. (Foto: Peter Meise)

Beim Konzertsaal birst Horst Seehofer vor Tatendrang: Die CSU ist schon auf Linie, nun redet er mit dem Werksviertel-Eigner

Von Christian Krügel und Wolfgang Wittl

Den Bau eines neuen Münchner Konzertsaals hatte Ministerpräsident Horst Seehofer schon 2011 zur persönlichen Herzens- und damit Chefsache erklärt. Damit meint es der Regierungschef offenbar nun richtig ernst. Denn seitdem sein kurzfristiger Plan scheiterte, gemeinsam mit der Stadt den Gasteig rundzuerneuern, verfolgt Seehofer das Neubauprojekt mit so viel Verve, dass manchem in Staatsregierung und -partei schon ganz schwindlig wird: Zuerst Kunstminister Ludwig Spaenle und seinem Apparat, der in wenigen Monaten eine Entscheidung für den Standort herbeiführen musste, die 15 Jahre lang niemand gefällt hatte. An diesem Dienstag nun auch den CSU-Landtagsabgeordneten, die Zweifel an der Entscheidung angemeldet hatten und von Seehofer in einer zweistündigen Debatte persönlich umgestimmt wurden.

Der nächste, der seinen Tatendrang zu spüren bekommen dürfte, ist Werner Eckart, Erbe und Besitzer des ehemaligen Pfanni-Geländes am Ostbahnhof, auf dem das Konzerthaus gebaut werden soll. Der Ministerpräsident bestätigte der Süddeutschen Zeitung, dass er sich in den nächsten Tagen selbst mit Eckart treffen wolle. Wie es sich für ein Projekt dieser Größenordnung gehöre, wolle er mit dem Eigentümer über die Rahmenbedingungen sprechen, sagte Seehofer. Er wolle Eckart persönlich kennenlernen. Zudem nehme er die Sorgen von CSU-Abgeordneten, dass das Erbpachtmodell für den Freistaat mit erheblichen finanziellen Nachteilen verbunden sein könnte, sehr ernst. Das seien "berechtigte Fragen des Haushaltsausschusses", die man "durch richtige Verträge einfangen" müsse, sagte Seehofer.

Werner Eckart will das Areal nach wie vor dem Freistaat nicht verkaufen, sondern nur in Erbpacht zur Verfügung stellen. Das könnte den Steuerzahler jährlich bis zu 600 000 Euro kosten, hat Spaenles Lenkungsgruppe Konzertsaal schon mal ausgerechnet - kein Spaß für strenge Haushälter in der CSU-Fraktion. Denen machte Seehofer in der Diskussionsrunde, zu welcher der Ministerpräsident am Dienstagnachmittag Befürworter und Gegner aus der CSU-Landtagsfraktion eingeladen hatte, dem Vernehmen nach keine allzu großen Hoffnungen. Eckarts Position sei bekannt, daran solle das Konzertsaalprojekt aber nicht scheitern. Es geht daher um die Frage, wie der Deal für Staatshaushalt und Steuerzahler erträglich gestaltet wird. Zum Beispiel mit einem "ewigen Erbpachtvertrag", von dem in einem internen Papier der Staatsregierung die Rede ist. Anders als bei Erbpachtverträgen üblich könnte die Laufzeit nicht auf 99 Jahre beschränkt werden, sondern ohne Limit laufen. Oder über ein Vorverkaufsrecht für den Freistaat: Das würde garantieren, dass das Konzerthaus auch dann im Besitz der öffentlichen Hand bliebe, wenn Eckart doch einmal verkaufen wollte. Über diese Details wird es im Gespräch zwischen Eckart und Seehofer wohl nur am Rande gehen. Auch wenn das Projekt Chefsache ist: Die formellen Verhandlungen wolle er nicht selbst führen, sagte Seehofer der SZ. "Das ist immer noch Sache der Fachleute."

Die haben ohnehin noch einiges zu klären. Zum Beispiel die Frage der konkreten Baukosten: Die lassen sich zwar erst nach einem Architektenwettbewerb vernünftig abschätzen. Die Oberste Baubehörde kalkulierte aber Ende Januar schon mal grob: 250 Millionen Euro könnte der große Saal mit 1800 Sitzplätzen kosten, 45 Millionen ein kleinerer für Kammermusik. Für Räume für die Musikhochschule werden rund 20 Millionen veranschlagt, zudem etwa 14 Millionen für die anteiligen Kosten beim Bau der Tiefgarage. Noch nicht einberechnet ist ein weiterer Fußgängertunnel unter dem Ostbahnhof. Den wollen Stadt und Staat gemeinsam bei der Bahn durchsetzen. Wer was bezahlt, ist aber offen.

Trotz dieser offenen Fragen gibt es für Seehofer keine Alternative zum Werksviertel. Das habe er auch bei der Runde in der Staatskanzlei deutlich gemacht, berichten Teilnehmer. Allen voran Ex-Kunstminister Thomas Goppel hatte sich mit Verve für die Idee einer Musikstadt in der Paketposthalle eingesetzt. Seehofer wie auch Spaenle halten dieses Projekt aber für zu groß dimensioniert, für finanziell zu riskant und zeitlich zu unsicher. Dem beugten sich am Ende der Runde auch Goppel und seine Mitstreiter. Deshalb dürfte eine Zustimmung der CSU-Fraktion zum Werksviertel bei ihrer Sitzung am kommenden Mittwoch nur noch Formsache sein - es sei denn, das Chefgespräch zwischen Seehofer und Eckart geht zuvor gründlich schief.

© SZ vom 18.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: