Konzert:Unvorhersehbar

Lesezeit: 2 min

In der Reihe "Kraut und Drastik" bringt Limpe Fuchs "Guru Guru" in die Kammerspiele und spielt zusammen mit ihrem Sohn die eigenen alten "Anima"-Stücke

Von JÜRGEN MOISES

Angefangen hat alles mit dem "Wellensalat" im Radio. Gemeint ist das "Zwitschern" und "Brummen" der Kurzwellen, das beim Sendersuchlauf im Radio entstand. Limpe Fuchs hat das als Kind geliebt. "Das war meine erste Hörmusikerfahrung", sagt sie. Ein weiteres Initiationserlebnis der Musikerin und Komponistin, die am Samstagabend zum Abschluss der Reihe "Kraut und Drastik" zusammen mit Guru Guru im Werkraum der Kammerspiele zu erleben ist, war eine Schäfflertanz-Veranstaltung an ihrer Schule. "Auf einmal höre ich da eine ganz tiefe Basstrommel: Bomm - Bomm - Bomm." Das war dann "die erste Live-Trommel-Erfahrung". Überraschende, unvorhersehbare Geräusche und dazu die Trommelklänge - diese Grundelemente ziehen sich auch heute noch durch die Musik der 73-Jährigen, die seit 1964 - mit ein paar Unterbrechungen - in Peterskirchen in der Nähe von Traunstein in einem alten Pfarrhof lebt.

In diesem Pfarrhof, den Limpe Fuchs zusammen mit anderen Studenten und mit Hilfe einer Bürgschaft der Gräfin Gottliebe von Lehndorff erwarb, hat auch die Geschichte von Anima angefangen: das Musikprojekt, das sie 1969 dort mit ihrem damaligen Ehemann, dem Bildhauer und Klangkünstler Paul Fuchs, gegründet hat. Wobei gegründet nicht ganz stimmt. Entstanden ist das Ganze angeblich dadurch, dass Limpe Fuchs, die Musiklehramt und Perkussion studierte, damals eine Vier-Pauken-Etüde übte, während Paul Fuchs gerade in ein selbstgebautes Horn blies. Als just in dem Moment Heimrad Prem von der Künstlergruppe "Spur" zu Besuch kam, war er vom Gehörten so begeistert, dass er die beiden für einen Auftritt engagierte. Limpe und Paul Fuchs wussten erst einmal gar nicht, was er meinte, aber: Das Musikduo Anima war geboren. Genauso wenig vorhersehbar wie die Entstehung blieb auch die Musik des Duos, dessen Name von einer Auseinandersetzung mit C.G. Jung herrührt.

Gespielt wurde unter anderem auf selbstgebauten Instrumenten wie der Fuchszither, dem Fuchsbass oder dem Fuchshorn. Sämtliche Stücke wurden improvisiert. Größere Bekanntheit erlangten Limpe und Paul Fuchs 1971: Da ging es mit Traktor, zwei Kindern und Hund auf Tour. Der Wohnwagen bestand aus einem Anhänger, auf den eine Holzhütte gezimmert war, die sich in eine Bühne umfunktionieren ließ. Eine der wichtigsten Tourstationen: ein vom Pianisten Friedrich Gulda organisiertes Improvisationsfestival am Ossiacher See in Österreich, wo neben Anima auch Pink Floyd, Tangerine Dream und Weather Report spielten.

Auch mit Krautrock-Bands wie Guru Guru und Amon Düül 2 standen Anima auf der Bühne. Ansonsten gab es zur "Krautrock-Szene" aber kaum Kontakt. Dass ihre Musik in den Kammerspielen nun in diesem Kontext auftaucht, findet Limpe Fuchs dennoch in Ordnung. Denn was sie mit Guru Guru und anderen verband, das war die Suche nach einem alternativen Lebensstil, und nach einer Musik, die diesen zum Ausdruck bringt. Mitte der Achtzigerjahre kam es zu musikalischen Differenzen, 1989 war es mit Anima vorbei. In den Kammerspielen wird Limpe Fuchs deswegen auch nicht mit Paul auf der Bühne stehen, aber mit einem anderen Familienmitglied: Zoro Babel, ihrem Sohn. Der spielt alte Anima-Stücke als Samples ein.

Kraut und Drastik VIII mit Limpe Fuchs, Guru Guru, u.a., Sa., 25. April, 20 Uhr, Kammerspiele Werkraum, Hildegardstraße 1

© SZ vom 23.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: