Kommentar:Zum Wohle des Investors

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Der Biergarten des Weyprechthofs soll großteils einem Wohnprojekt geopfert werden - das ist mehr als nur schmerzlich für das Viertel

Von Nicole Graner

Es war einfach ein guter Platz: für das Viertel, für die Menschen. Weiß-blau-karierte Tischdecken, rote Blumen in alten Trögen, Schattenplätze unter alten Bäumen. Der Biergarten des Weyprechthofs hatte etwas Dörfliches, etwas Geschütztes. Er war ein Treffpunkt, der auf magische Weise alle einte: alt eingesessene Harthofer und Hinzugezogene, Menschen mit Kindern und ohne, mit Migrationshintergrund oder ohne, Jung und Alt. In einem jener multikulturellen Brennpunkt des Nordens war der Biergarten des Weyprechthofs eine Art Oase des Miteinanders.

Diesen Platz wird es vermutlich so nicht mehr geben. Schon im November 2017 war die Gaststätte, die auch vielen Vereinen des Stadtbezirks Milbertshofen-Am Hart Heimat war, plötzlich geschlossen. Damals lag der Stadt noch kein Bauantrag vor. Doch jetzt ist die Katze aus dem Sack: Ein privates Studentenwohnheim und wohl ein verkapptes Boardinghaus könnten dort gebaut werden. Der Bauherr will den Biergarten erhalten. Klingt gut. Aber die Wahrheit ist: 300 Quadratmeter sind nur eine Bonsai-Version. Und noch viel schlimmer. Das, was den Biergarten einst ausgemacht hat, nämlich das viele Grün, wird zum größten Teil verloren gehen. 36 Bäume sollen verschwinden. Für einen L-förmigen Bau! Diese Ankündigung des Immobilienunternehmens ist schwer zu schlucken. Warum muss mit Macht all das Schöne verschwinden, das geliebt wird?

Studentenwohnheime müssen sein, nicht aber Boardinghäuser. Da hat der Norden schon zu viele. Und eine Szene-Kneipe, die, wie die CSU im Bezirksausschuss befürchtet, kommen könnte, will im Viertel auch keiner. Im Harthof an der Weyprechtstraße braucht es einen Treffpunkt, der alle in der Freude eint, an einem schönen Platz Luft zu holen. Plätze dieser Art gibt es kaum noch.

Wie können Wohlfühl-Orte mitten in der Stadt aber bewahrt werden? Traditionsgaststätten durch eine städtische Bauleitplanung zu schützen, ist offenkundig nicht möglich. Aber man kann Bauanträge ablehnen, die markante Einschnitte für ein Viertel bedeuten. Man kann die Pläne so verändern lassen, dass sie einen guten Kompromiss darstellen: für den Bauherrn und die Menschen. Aber im Falle des Weyprechthofs wird es wohl wie immer sein: Das Geld, das der Bauherr pro vermieteter Wohnung verdient, entscheidet. Über Bäume und das Wohl der Menschen.

© SZ vom 30.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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