Kommentar:Was nichts kostet, ist nichts wert

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Unser Umgang mit Lebensmitteln ist oft beschämend. Dabei wäre es gar nicht so schwierig, daran etwas zu ändern. Dazu beitragen könnte eine realistischere Werbung. Und eine andere, recht simple Idee

Von Pia Ratzesberger

Wir sind verwöhnt. Wir kaufen und kaufen, uns schmerzt es kaum, wenn etwas verdirbt, dann werfen wir es weg, ertragen vielleicht einen kurzen Moment des schlechtes Gewissens, doch auch der vergeht. Und am nächsten Tag schieben wir wieder mit dem Wagen durch die Regalreihen, ohne uns noch länger damit zu plagen, dass all die Einkäufe von Beginn der Woche wohl gereicht hätten, wenn man besser geplant hätte. Doch planen ist anstrengend. Wegwerfen ist einfach. Auch, weil uns das Wegwerfen einfach gemacht wird und das Planen schwer.

Die Discounter bieten ihre Ware so billig an wie kaum woanders in Europa. Viele Menschen in München können es sich leisten, den abgelaufenen Gouda mal eben wegzuwerfen, weil er weniger als einen Euro gekostet hat. Was uns wenig kostet, ist uns wenig wert, zumindest gefühlt. Noch dazu zeigen uns die Supermärkte auf ihren Werbeplakaten ja recht genau, wie so ein Apfel auszusehen hat oder eine Banane: keine Dellen, das reine Gelb, das schönste Rot. Jeder, der einen Apfelbaum im Garten hat, weiß, dass diese Bilder nicht der Wirklichkeit entsprechen. Die Lieferanten, die Konzerne und Verkäufer also müssten diese Idealbilder korrigieren. Dann wären Kunden vielleicht auch wieder bereit, Ware zu kaufen, die vielen jetzt als Ausschuss gilt. Dann würden sie nicht gleich argwöhnen, dass die fleckige Tomate verdorben sein muss.

Dass Ware hinüber ist, vermuten auch viele, sobald das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht ist. Obwohl das Wort lediglich erklären soll, dass der Joghurt mindestens bis zu diesem Tage haltbar ist, wahrscheinlich aber durchaus länger, setzen viele dieses Datum gleich mit: Das ist schlecht, das muss in den Müll. Die englische Version "best before" vermittelt viel besser, was das Datum eigentlich besagt. "Am besten vor dem 3. September" sollte deshalb auch bei uns auf den Packungen stehen, dann wüssten jeder gleich: okay, am besten davor. Danach aber immer noch gut.

© SZ vom 29.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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