Kommentar:Was bleiben muss

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Im kommenden Jahr soll ein neues Stadtviertel auf dem Areal der Bayernkaserne entstehen. Bei den Planungen sollten die jetzige Flüchtlingsunterkunft eine Rolle spielen

Von Inga Rahmsdorf

Es bleibt nicht mehr viel Zeit. Im nächsten Jahr sollen die Bauarbeiten auf dem Gelände der Bayernkaserne beginnen. Ein neues Stadtviertel ist geplant, denn München braucht dringend Raum für Wohnungen, Kitas und Schulen. Doch das 48 Hektar große Areal steht nicht leer, es wird zum Teil intensiv genutzt. Fast 1700 Menschen wohnen dort, weitere 1000 Schlafplätze stehen im Winter für Wohnungslose zur Verfügung. Außerdem ist dort eine wohl einzigartige soziale Infrastruktur gewachsen. Doch all das müsste in eineinhalb Jahren verschwunden sein, wenn es nach dem Zeitplan für die Bebauung geht. Wohin? Darauf kann bisher niemand eine Antwort geben.

Die Asylpolitik des Freistaates basiert seit Jahren auf Notlösungen. Die Geschichte der Bayernkaserne selbst ist eines der anschaulichsten Beispiele dafür. Es ist zu hoffen, dass die Verantwortlichen daraus gelernt haben und nicht im kommenden Jahr auf eine Notlösung zurückgreifen müssen. Weil sie überrascht feststellen, dass das Gebiet überbaut wird und dass weiterhin Menschen fliehen. Dabei geht es nicht nur um Schlafplätze, Sanitäranlagen und Kantinen. Das Außergewöhnliche an der Bayernkaserne ist die soziale Infrastruktur, das Netzwerk aus Freiwilligen, der gute Kontakt mit der Nachbarschaft. All das wurde mühsam aufgebaut. Von der Kinderbetreuung über Deutschkurse und ein Willkommenszentrum bis hin zur Kleiderausgabe. Das alles nun bei den Bebauungsplänen einfach zu ignorieren und auszuradieren, wäre höchst fahrlässig.

Das Areal gehört der Stadt. Ihr kommt damit auch eine besondere Verantwortung zu. Das heißt nicht, dass sie alles so lassen muss, wie es ist. Dafür ist der Wohnraumdruck zu groß. Aber die Bayernkaserne birgt eine große Chance, bei den Bauplänen die Flüchtlingseinrichtungen mitzudenken und sie zu einem Teil des neuen Stadtviertels werden zu lassen. In jeder Debatte wird betont, wie wichtig Integration ist. Und die fängt in der Bayernkaserne an, dort, wo die Flüchtlinge zuerst landen. Das von vornherein bei der Stadtplanung zu berücksichtigen - damit könnte München, wie so oft in den vergangenen Monaten, Vorreiter einer weltoffenen Einwanderungsgesellschaft sein.

© SZ vom 03.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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