Kommentar:Vorsicht und Rücksicht

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Stadt und Polizei versuchen, mit Appellen, Aktionen und Kontrollen Autofahrer und Radler zu mehr Miteinander zu bewegen. Das ist richtig gedacht, doch gute Manieren können die Aufpasser leider nicht erzwingen

Von Andreas Schubert

Szene aus dem Münchner Verkehr: Ein Bus biegt in eine Straße ein und kommt mit seiner Front einen halben Meter in die Gegenfahrbahn. Alle Autos bremsen, nur ein Radfahrer schießt auf den Bus zu, hämmert an die Scheibe und beschimpft den Busfahrer wüst. Ausbrüche wie dieser sind in der Stadt fast täglich zu beobachten. Radler schreien, Autos hupen oder drängeln - es ist ein ewiges Gegeneinander. Dass der Stress bei Verkehrsteilnehmern zuweilen in Wut ausartet, wundert einen eigentlich nicht. Autofahrer sind von Radlern genervt, die bei Rot einfach weiterfahren; Radler bringen zugeparkte Radwege auf die Palme und Autofahrer, die beim Rechtsabbiegen nicht aufpassen.

Die Stadt versucht, die Situation an Straßen und Kreuzungen zu entschärfen - mit neuen Radstreifen, Fahrradstraßen oder rot markierten Radstreifen. Das soll die Sicherheit erhöhen, ebenso wie die seit Montag laufende Polizeiaktion, bei der die Beamten Verkehrsteilnehmer auf ihr Fehlverhalten aufmerksam machen. Das ist richtig und absolut notwendig. Eine Kommune und die Polizei sind dazu da, Regeln aufzustellen und deren Einhaltung zu überwachen. Manieren können sie den Leuten aber selbst mit Strafen nicht beibringen.

Die Münchner Polizei appelliert deshalb an alle, bitteschön gegenseitig mehr Rücksicht zu nehmen. Das bedeutet auch, dass Autofahrer wie Radler auch mal auf ihre Vorfahrt verzichten sollen, wenn es der Sicherheit dient. Denn was bringt es einem schon, wenn er zwar sein Recht auf der Straße durchgesetzt hat, dafür aber er selbst oder jemand anders im Krankenhaus gelandet ist? Runter vom Gas und an die anderen denken, auch wenn's gerade stressig ist! Wenn alle ein bisschen entspannter durchs Leben rollen, macht es auf den Straßen mehr Spaß. Und gesünder ist es auch.

© SZ vom 11.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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