Kommentar:Teure Korrektur eines Irrtums

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Verantwortliche Politiker hielten es vor nicht allzu langer Zeit für praktikabel, Flüchtlinge in Traglufthallen unterzubringen. Das ist es aber nicht und deshalb ist es richtig, die Hallen wieder abzubauen - auch wenn viel Geld dadurch verschwendet wurde

Von Kassian Stroh

Ja klar, für Besserwisser musste es ja so kommen. Dass bei einer jener Traglufthallen, die rund um München noch immer als Flüchtlingsunterkünfte genutzt werden, die Heizung ausfällt. Gleich zweimal war das am Wochenende der Fall. Traglufthallen sind ja praktisch nur eine dünne Folie, die durch ein Überdruckgebläse in Form gehalten werden. Im Winter nicht zu heizen, im Sommer nicht zu kühlen, bei Unwettern nicht zu halten. Fazit: ungeeignet als Unterkunft.

Das aber wird diesen Einrichtungen nicht gerecht, sie können als Bauten durchaus komfortabler sein als eine schimmelige Garage als Unterkunft. Ihr Problem ist ein anderes. Wie in Turnhallen auch leben hier 200, manchmal 300 Menschen in einem einzigen Raum. Abgetrennt durch dünne Pressspanwände, die einzelnen Zellen ohne Decken und abschließbare Türen, jedes Schnarchen ist zu hören, jedes Gespräch, jeder Streit sowieso. Sie sind Brutstätten für Aggression. Wie sollen hier Menschen in Frieden (miteinander) leben, die vor Schlimmem geflüchtet sind und nun den ganzen Tag nichts zu tun und überdies noch nicht mal einen Hauch von Privatsphäre haben? Das geht nicht, das ist eine unwürdige Unterbringung.

Die Stadt München hat das stets so gesehen und von Traglufthallen nichts wissen wollen. Und sie hat es geschafft, dass kein einziger Flüchtling, den sie unterbringen musste, in einer solchen oder auch in einer Turnhalle schlafen musste. Nicht dass jede ihrer Unterkünfte immer gut gewesen wäre; auch die von der Stadt favorisierten Leichtbauhallen sind nur ein fauler Kompromiss. Aber kein ganz so fauler. Inzwischen sieht das auch der Freistaat so, und es ist gut, dass in den kommenden Wochen die von ihm im Umland errichteten Traglufthallen abgebaut werden. Dass einige davon niemals benutzt wurden, wiewohl sie jeweils Hunderttausende Euro gekostet haben, mutet auf den ersten Blick absurd an. Ist aber trotzdem richtig. Jede einzelne Übernachtung in einer solchen ist eine Übernachtung zu viel.

© SZ vom 11.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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