Kommentar:Städtebau von unten

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Die Umgestaltung des Artur-Kutscher-Platzes ist das erste Groß-Projekt unter der Regie eines Bezirksausschusses. Es dürfte eine glückliche Fügung sein, dass Schwabing-Freimann den Vortänzer gibt

Von Stefan Mühleisen

Seit Jahrzehnten leiden die Bezirksausschüsse darunter, dass sie die politische Stimme des Stadtviertels sind, ohne dass ihnen eine effektive Gestaltungsmacht gegeben wäre. Jetzt dürfen sie gestalten, und wie. Die Gremien sind nun ermächtigt, Bauprojekte bis zu einer Million Euro in Eigenregie mit der Verwaltung durchzuziehen, ohne Stadtratsbeschluss. Der Bezirksausschuss (BA) Schwabing ist der Pionier für diese neue Stadtteil-Autonomie - die Umgestaltung des Artur-Kutscher-Platzes ist das erste Groß-Projekt unter BA-Kontrolle. Und die Schwabinger müssen jetzt zeigen, dass Stadtviertelpolitiker dieser Verantwortung auch gerecht werden können.

Manche Gremien haben sich damit abgefunden, bei der Stadtplanung vor allem Appellvereine zu sein. Sie dürfen mitreden, müssen sich aber oft darauf beschränken, Kritik und Änderungswünsche an den Plänen per Appell-Note an die Verwaltung zu richten. Doch es reicht nun nicht mehr, die Gestaltungs-Energie auf das Anfertigen von Positionspapieren und allerlei Anträge zu verwenden. An den Schwabinger Politikern ist es nun, den anderen 24 Stadtbezirken zu beweisen, dass ein Bezirksausschuss nicht nur qualifiziert mahnen und fordern kann, sondern auch zu professionellem, gewissenhaftem Umgang mit einem Haufen Steuergeld in der Lage ist.

Es dürfte eine glückliche Fügung sein, dass Schwabing-Freimann den Vortänzer gibt: Das Gremium hat durch seine klug genutzte Appell-Rolle viel erreicht; es war eine maßgeblich treibende Kraft, dass die "Wiedervereinigung des Englischen Gartens" mit einem Tunnel auf der Stadtpolitik-Agenda landete. Die Auftakt-Debatte zur Neugestaltung des Artur-Kutscher-Platzes ließ erkennen, dass die Bürgervertreter sich bereits in die neue Macher-Rolle fügen: Zügig wurden die Weichen für ein pragmatisches Konzept gestellt. Sollte der Planungsprozess ähnlich fachkundig und kooperativ verlaufen, könnte der Artur-Kutscher-Platz zur Blaupause eines Münchner Städtebaus "von unten" werden.

© SZ vom 16.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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