Kommentar:Rückenwind und rote Linien

Bürgerbeteiligung lohnt sich auch für Investoren - wenn sie ernst gemeint ist

Von Thomas Kronewiter

Sage noch einer, dass sich Bürgerbeteiligung nicht lohnt, wenn sie ernst gemeint und seriös durchgezogen wird. Am Beispiel des Untergiesinger Osram-Geländes hat sich diese Erkenntnis zeitgenössischer Stadtplanung eindrucksvoll bestätigt. Nicht nur, dass die Aussicht auf vermeintlich dröge Arbeitsgruppen-Arbeit trotz Champions-League-Halbfinale mit Münchner Beteiligung und traumhaften Frühlingswetters stolze 200 Teilnehmer in die Turnhalle der Grundschule am Agilolfingerplatz brachte.

Diese 200 am Planungsergebnis interessierten Nachbarn zeigten obendrein auch noch erstaunlichen Realitätssinn, beharrten nicht auf Maximalforderungen, formulierten flexible Wünsche an die Planer, deckten Schwachpunkte der planenden Profis auf und zogen mit der deutlichen und gut begründeten Forderung nach einem Hotelverzicht auch eine rote Linie in den Sand, die der Investor nun tunlichst im Hinterkopf behalten sollte, will er die gute, gleichwohl natürlich fragile Stimmung im Quartier nicht zum Kippen bringen.

Die Bauherren wiederum starten mit viel Rückenwind in ihre Verhandlungen mit der Stadt München, die sich in der Causa Erhaltung alter Gebäude - ob unter Denkmalschutz oder nicht - in jüngster Zeit von sehr genau hinschauenden Bürgern unter erheblichem Druck sieht. Wenn dann bei einem solchen Bürger-Workshop auch noch Detailergebnisse auf den Punkt gebracht werden, wie bei der Betreuungsthematik, ist der Werkstatt-Abend nicht bloß ein Gewinn auf der Image-Seite. Dann spart das Investoren-Duo am Ende auch ordentlich Zeit und viel Geld, das sonst womöglich in vertiefende Untersuchungen, Gutachten oder eine PR-Kampagne zugunsten einer unter Umständen nicht vermittelbaren Verwertungsstrategie fließen müsste. Nun muss sich das Workshop-Ergebnis nur noch in der realen Planung niederschlagen.

© SZ vom 15.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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