Kommentar:Nur Mut ist nicht genug

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Das größte Gut eines Filmfestes ist sein Ruf. Im Vergleich zu Cannes und Berlin muss München aufpassen, dass es hier nicht ins absolute Hintertreffen gerät

Von Philipp Crone

Noch Tage später beginnen viele Gespräche auf den Empfängen des Filmfests mit dem Thema Harry G. Der Comedian hatte sich als Moderator bei der Eröffnung über die Filmbranche lustig gemacht. Provokation ist seine Masche, das wusste Filmfestchefin Diana Iljine. Sie traf eine mutige Entscheidung, die schief ging. Provinziell, lautete das Urteil. Das genaue Gegenteil dessen, was das Filmfest sein möchte.

Das größte Gut eines Filmfests ist sein Ruf. Cannes hat das Image, dass auf Yachten die internationalen Entscheider in mediterran-luxuriösem Ambiente die Weichen für das nächste Filmjahr stellen. Die Berlinale schafft es trotz Kälte und Schneematsch, Hollywood-Größen aufzubieten. Ruf: globaler Glamour. München schafft das nicht einmal im Hochsommer. War in den vergangenen Jahren noch eine Handvoll internationaler Darsteller zu Gast, ist es 2016 mit Ellen Burstyn nur noch eine. Auch wenn Iljine sich rühmt, die deutsche Filmelite zu versammeln, steht die oft nur auf den Gästelisten und nicht auf den Empfängen. Dabei steigert sich das Filmfest unter Iljine durchaus. Die Filmauswahl ist hochgelobt. Die Besucher werden immer mehr. Das Budget hatte Iljine nach zwei Jahren verdoppelt. Ihr Problem ist, dass sie trotzdem mit knapp drei Millionen Euro nur ein Zehntel dessen zur Verfügung hat, was ihr Kollege Dieter Kosslick in Berlin ausgibt. Und es ist nun einmal so: Stars sind teuer, aber gut fürs Image. Und sie kommen gerne dorthin, wo auch andere sich zeigen.

Als Harry G bei der Eröffnung fertig war, priesen Oberbürgermeister Dieter Reiter und Bayerns Medienministerin Ilse Aigner den Filmstandort München. Der wird auch geprägt von seinem Filmfest, dem - noch - zweitwichtigsten im Land. Bleibt es vor allem bei verbaler Hilfe ohne stärkere finanzielle Unterstützung von Stadt und Land, wird man bald nicht mehr nach Cannes oder nach Berlin schauen. Dann können die Redner das Filmfest nur noch mit den Worten loben, dass es keinen Vergleich mit Oberhausen scheuen muss.

© SZ vom 27.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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