Kommentar:Nicht nur reden, sondern handeln

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Der Appell von Josef Schmid, über den Wohnungsbau in München die Schaffung von mehr Gewerbefläche nicht zu vergessen, ist nicht populär, aber richtig. Nun sollte der Zweite Bürgermeister auch dafür sorgen, dass etwas passiert

Von Thomas Schmidt

München hängt am Tropf der Gewerbesteuer. Sie ist mit Abstand die bedeutendste Einnahmequelle der Stadt: Von jedem Euro, den der Kämmerer kassiert, stammen rechnerisch 37 Cent von den ansässigen Unternehmen. Der Wohlstand, die Sicherheit und Sauberkeit dieser Stadt sind untrennbar verknüpft mit ihrem Autobauer, den Dax-Konzernen und Dienstleistern. Ohne sie wäre München kaum in der Lage, Schulen zu bauen, zusätzliche Polizisten einzustellen oder den öffentlichen Nahverkehr zu pflegen. Wenn der CSU-Wirtschaftsreferent Josef Schmid nun also mahnt, über aller Fokussierung auf den Wohnungsbau die Gewerbeflächen nicht zu vergessen, dann hat er damit recht. Die Diagnose ist korrekt, aber wie sieht es mit der Therapie aus?

Ein Quartiersmanager, der das große Ganze im Blick behalten soll, ist eines der Rezepte, die Schmid im Sinne hat. Von einem Mann, der einst die Sanierung von Schultoiletten zur "Chefsache" erklärte, klingt das bescheiden. Schmid droht ohnehin, im Schatten von Oberbürgermeister Dieter Reiter unsichtbar zu werden, deckt nun ein von der SPD vernachlässigtes Problem auf - und will die Aufgabe delegieren? Ein weiterer Bestandteil der Schmidschen Therapie ist die Kooperation mit den Umlandgemeinden. Auch das ist richtig erkannt. Aber: Im Wohnungsbau wird genau diese Forderung seit Jahren wie ein Mantra immer wieder vorgebetet, ohne dass Wesentliches geschehen wäre. Es reicht einfach nicht, mehr Zusammenarbeit zu fordern - das haben die vergangenen Jahre leidvoll bewiesen.

Der Wohnungsbau überschattet derzeit jedes andere stadtpolitische Thema. Doch ohne zusätzliche Gewerbeflächen ist das Wachstum nicht zu bezahlen. Schmids Appell ist vielleicht nicht populär, aber richtig. Mit einem Appell ist die Arbeit jedoch nicht getan. Jetzt muss Schmid seine Durchsetzungskraft - und nicht die eines Quartiersmanagers - unter Beweis stellen. Er muss eine Kooperation mit dem Umland bewerkstelligen, über die seit Jahren nur geredet wird. Und er muss sich ganz konkret um jeden Hektar Gewerbefläche kümmern. Das wird nicht einfach, aber hier könnte er endlich aus Dieter Reiters Schatten heraustreten.

© SZ vom 23.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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