Kommentar:Impulse verpuffen

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Die Chance zu einer menschenfreundlichen Umgestaltung der Autoschneise Oskar-von-Miller-Ring verstreicht ungenutzt

Von Alfred Dürr

Von der Verkehrsschlucht zum Boulevard: Mehr als zwei Jahrzehnte hatte man schon diskutiert, wie zwischen der Altstadt und dem Museumsviertel am viel befahrenen Oskar-von-Miller-Ring eine angenehme Verbindung für Fußgänger entstehen könnte. Der ganze Straßenraum sollte städtebaulich neu geordnet werden. Dann wurde 2002 die Pinakothek der Moderne fertig. Das hätte der entscheidende Impuls für eine tiefgreifende Änderung an dieser von Autos beherrschten Riesenkreuzung sein können. Doch nichts Wesentliches ist passiert. Vor kurzem wurde die Siemens-Zentrale eröffnet. Mit ihrer Passage durch den Komplex versteht sie sich auch als ein Bindeglied hin zur Maxvorstadt - ein erneuter Impuls für Verbesserungen. Doch die Passanten aus der Innenstadt müssen im weiteren Verlauf nach wie vor über die breite Schneise, wenn sie ins Kunstareal wollen.

Nun unterbreitet das Baureferat einen Vorschlag, der alles andere als der große Reparatur-Entwurf ist. Hier ein paar Bäume mehr, da ein neuer Übergang oder ein paar weniger Fahrspuren - ansonsten Fehlanzeige im Hinblick auf eine grundsätzliche städtebauliche Änderung. Bänke am Straßenrand: Ob damit wirklich eine angenehme "Aufenthaltsqualität" für Passanten entsteht, darf bezweifelt werden.

Das Konzept ist enttäuschend. Denn an guten Vorschlägen hat es im Vorfeld nicht gefehlt. Dazu gehört zum Beispiel eine "Überdeckelung" der Zufahrtsrampen zum Altstadtring-Tunnel. Man hätte attraktive Architektur auf der neu geschaffenen Fläche verwirklichen können oder schöne Plätze und Wege angelegt. Doch die Interessen der benachbarten Grundeigentümer und letztlich auch mangelnder Entscheidungsmut im Rathaus standen einer "großen Lösung" im Weg. Auch an anderen Stellen des Altstadtrings, wie etwa am Isartorplatz oder in der Sonnenstraße, kann man sich eine Verkehrsberuhigung mit weniger Platz für Autos und mehr Flächen für Fußgänger, für Bäume und Wiesen vorstellen. Auch für diese Bereiche hat der Stadtrat keine entsprechenden Beschlüsse gefasst. Nach wie vor soll der Altstadtring, der in der Nachkriegszeit entstanden ist, den Kernbereich Münchens vom Durchgangsverkehr entlasten. Das wird sich offensichtlich auch nicht so schnell ändern. Diese Stadtautobahn als Fußgängerzone - das bleibt eine Vision und ist womöglich sogar eine Illusion.

© SZ vom 14.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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