Kommentar:Fürs Protokoll

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Die Entscheidung zur Großmarkthalle gleich wieder in Frage zu stellen, kaum dass sie gefallen ist, ist nicht bloß schlechter Stil

Von Thomas Kronewiter

Nein, geschwiegen haben sie nun nicht gerade, die Sendlinger Lokalpolitiker. Sie haben sich vielmehr stark gemacht dafür, dass die Großmarkthalle in städtischer Hand und auch in Sendling bleibt, zuletzt in ihrer Juli-Sitzung. Ein wenig Unbehagen kam auch auf im Hinblick auf das nun vom Stadtrat beschlossene Investoren-Modell. Aber heftige Proteste gegen die Option, den teuren Neubau von einem privaten Partner hinstellen zu lassen, die gab es auch nicht, jedenfalls nicht besonders deutlich.

Nun nachzutarocken, da das aus Sicht mancher Lokalpolitiker Schlimmste - der Wegzug oder die Komplettabgabe an einen privaten Betreiber - verhindert ist, kann man nur als vergebliche Liebesmüh bezeichnen. Es verursacht Aufwand, ohne dass es an der nunmehr gefallenen Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt etwas ändern könnte. Der Vorstoß der Grünen, dem sich die SPD angeschlossen hat, taugt also allenfalls fürs Protokoll. Oder, um es einmal wahlkämpferisch zu formulieren, um irgendwann einmal sagen zu können, man habe es ja gleich gewusst.

Sendlings rot-grüne Stadtteilvertreter haben ein seltsames Politikverständnis. Politik heißt Einflussnahme, bedeutet, in den Wettstreit der Meinungen einzutreten, mit aller Kraft der zu findenden Argumente und mit Leidenschaft. Dazu hätte es vor der Entscheidung im Stadtrat durchaus Handhabe und Möglichkeiten gegeben. Neben der Debatte und Beschlussfassung im Juli hätten die Bezirksausschussmitglieder auch jenseits der Satzung politische Wege gehen können, sie hätten ihre jeweiligen Stadträte beknien können, sie hätten öffentlichkeitswirksam auf die Sendlinger Belange pochen können. Unüberhörbar.

Nun ist es zu spät. Der Beschluss ist gefasst, der Stadtrat kann ihn nicht einfach zurücknehmen - nur weil einer von 25 Münchner Bezirksausschüssen plötzlich Bedenken anmeldet. Münchens Probleme verdienen die engagierte Debatte, den mitunter heftigen Streit um die beste Lösung. Aber vor der Entscheidung. Diese gleich wieder in Frage zu stellen, kaum dass sie gefallen ist, ist nicht bloß schlechter Stil. Es schadet auch dem Vertrauen in die Standhaftigkeit der politischen Meinungsbildung.

© SZ vom 09.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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