Kommentar:Ernste Gefahr fürs Girokonto

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Es ist höchste Zeit, dass die Stadt ihre Praxis ändert, bei der erstmaligen Herstellung von seit Langem existierenden Straßen die Anlieger durch Erschließungsbeiträge zur Kasse zu bitten

Von Thomas Kronewiter

Es ist eine Zeitbombe, die da im Münchner Straßensystem tickt, vor allem in dem der Vorstädte. In einer ganzen Reihe von Quartieren befinden sich Fahrbahnen, über die zwar seit vielen Jahren Autos rollen, die aber im planungsrechtlichen Sinne als nicht hergestellt gelten. Denn das sind sie erst, wenn sie einmal im üblichen städtischen Standard ausgebaut und die entstandenen Kosten abgerechnet sind. Was vom Laien gerne als hanebüchen und unwichtig zur Seite gewischt wird, entfaltet indes bei der korrekten Anwendung der Kommunalabgabensatzung mitunter erhebliche Bedeutung.

Der Fall der Schittgablerstraße in der Lerchenau hat jetzt den Blick erneut auf eine Rechtslage gelenkt, die von Betroffenen - je nach der Höhe der auf sie entfallenden Anteile - als Zumutung oder gar als himmelschreiendes Unrecht empfunden wird. Denn den Ausbau der jeweiligen Straße zahlen die Anlieger, Maßstab sind in aller Regel die Grundstücksgrößen und die Nutzung der Grundstücke.

Die Schittgablerstraße teilen sich vergleichsweise wenige Grundstückseigentümer, entsprechend hoch ist der Anteil des Einzelnen. Die Nachricht, dass ihnen nach einer Änderung der Rechtslage bis zu einem Drittel der Kosten erlassen werden könnte, ist für sie eine gute Nachricht. Bei Summen von in der Spitze mehr als 100 000 Euro ist aber auch der Rest ein Betrag, den nicht jeder auf dem Girokonto hat. Beim Umgang mit solchen Forderungen ist mehr Spielraum und Rücksichtnahme vonnöten. Noch immer ist das Abstottern die Ausnahme, die Fälligkeit innerhalb weniger Wochen leider die Regel. Und auch die Prognose, die den Betroffenen Jahre vor der Rechnung zugeht, greift zu kurz. Wer spart schon in fünf Jahren 100 000 Euro zusammen?

© SZ vom 03.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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