Kommentar:Entscheidung mit Weitblick

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Dass der Gasteig bei der Sanierung 80 Millionen Euro einsparen soll, ist kein Grund zum Klagen. Es ist eine gute Nachricht

Von Michael Zirnstein

Die Kulturwelt beklagt in der Corona-Krise nicht nur staatliche Sparmaßnahmen, sondern auch städtische. Zuerst opferte die grün-rote Koalition das Stadtmuseum, das unsaniert auf Jahre hin vor sich hingammeln soll. Und ob man den Kulturetat 2021 demnächst um 6,5 Prozent stutzt oder um acht, ist auch schon egal - es trifft in jedem Fall die, die schon am meisten zurückstecken mussten. Dass der Gasteig nun bei der Sanierung 80 Millionen Euro einsparen soll, ist allerdings kein Grund zum Klagen. Es ist eine gute Nachricht. Denn die Stadtratsmehrheit erneuert damit vor dem endgültigen Bauauftrag im Dezember ihr Bekenntnis zur großen Lösung für 450 Millionen Euro, nicht für 300. Europas größtes Kulturzentrum wird noch zugänglicher, nutzbarer, attraktiver. Die Entscheider agieren damit nicht im Krisenmodus, sondern weitsichtig für Kultur, Tourismus, Bauwirtschaft und letztlich für den Stadtsäckel, denn jede Umplanung oder Verzögerung hätte, gemessen am Ergebnis, alles noch viel teurer gemacht.

Ganz so hat es Gasteig-Chef Max Wagner, wegen Corona weit härtere Einschnitte befürchtend, vorgebetet. Er, der stets behauptete, mit den vorgegebenen Kosten von 450 Millionen Euro auf Kurs zu liegen, muss nun aber mit dieser alle erstaunenden Zahl 80 000 000 klarkommen. Er muss erklären, dass dieser höchstens am Rande genannte und stets offen gehaltene Posten für die Erstausstattung der Institute - salopp gesprochen Sitzgruppen und ähnliches - doch etwa ein Sechstel der Bausumme ausmacht. Wagner muss die Wünsche der Philharmoniker, von VHS, Stadtbibliothek und Musikhochschule um einiges zurückstutzen.

Für die Zukunft verbaut man sich damit nichts. Sollte die Philharmonie nicht zum Schnäppchenpreis allein mit Stehplätzen gebaut werden, hat München in einigen Jahren zusammen mit dem staatlichen Konzerthaus, zu dem Ministerpräsident Markus Söder sich in der Krise ebenfalls bekannte, und dem Interim in Sendling, das die Grünen erhalten wollen, drei Spitzen-Orchestersäle - und zumindest diesbezüglich keinen Grund zu klagen.

© SZ vom 11.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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