Kommentar:Die Kirche muss sich bewegen

Lesezeit: 1 min

Der Vorschlag der Diözese zum Hypopark erinnert an die katholische Tradition des Ablasshandels: Geld in die Hand nehmen, wenn man nicht willens ist, sein Handeln zu ändern. Nur dass 2019 die Kirche zahlt, um sich die Bürger gewogen zu halten. An der Sünde ändert das nichts: Es fällt öffentliche Freizeitfläche weg

Von Johannes Korsche

Was die Diözese für den Hypopark anbietet, stößt zurecht auf Ablehnung bei den Lokalpolitikern in Haidhausen. Denn ein bisschen erinnert der Vorschlag an die katholische Tradition des Ablasshandels: Geld in die Hand nehmen, wenn man nicht willens ist, sein Handeln tatsächlich zu ändern. Kleiner Unterschied: 2019 zahlt die Kirche den Ablass, um sich die Bürger gewogen zu halten - und nicht mehr anders herum. Die Höhe des Ablasses lässt ja traditionell Rückschlüsse auf die Schwere der Schuld zu. Also: Schaut man sich alle Versprechen an, die die Jugendlichen im Hypopark während der Baustellenzeit, also in den kommenden fünf Jahren, beglücken sollen, wird es wohl nicht bei einer fünfstelligen Summe bleiben. Die Sünde blitzt selbst dann noch durch, wenn sie unter einem Haufen Geld begraben ist: Es fällt öffentliche Freizeitfläche weg.

Die Diözese argumentiert nun, man werte im Gegenzug einen bisher kaum genutzten Teil des Parks zum Streetballplatz auf, schaffe also mehr Raum für die Jugendlichen. Dieser Hinweis mutet aber so an, als wollte man auf eine Wunde, die sich über den ganzen Arm zieht, ein kleines Pflaster kleben statt sie zu verbinden. Das wird nicht funktionieren, auch dann nicht, wenn das Pflaster teuer und mit Bärchen verziert ist. Es ist schlicht zu klein. Der vorgeschlagene Streetballplatz wird den Verlust, der durch die Baustraße entsteht, nicht aufwiegen können.

Wenn der Hypopark also kleiner wird, stellt sich die Frage: Wo dürfen die Jugendlichen noch hin? Zum Beispiel auf das Gelände des Kirchlichen Zentrums, wegen dessen Erweiterung der ganze Streit ja erst begann. Sicherlich gibt es auch hier Gegenargumente, aber es ist die einzige Alternative, die allen Betroffenen gerecht wird. Zumal die vorauseilende Fürsorge der Diözese, die Jugendlichen müssten dann unausweichlich die Baustelle kreuzen, schnell zu entkräften ist. Zum Glück gibt es nämlich auch einen Eingang auf das Gelände von der Preysingstraße aus. Das viel größere Problem scheint hier zu sein, dass die Diözese ihren Campus nicht aufsperren will. Das sollte sie aber. Ein Anschlag von 95 Thesen sollte für die Öffnung der Kirche diesmal nicht nötig sein.

© SZ vom 25.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken
OK