Kommentar:Der große Wurf steht noch aus

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Verkehrs- und Parkdruck in München erzwingen innovative Lösungen, Car-Sharing etwa oder Parkplatz-Teilen via App. Mobilitätskonzepte funktionieren erstaunlich gut - zumindest im Kleinen. Stadtweit aber ist die integrierte Lösung noch nicht gefunden

Von Thomas Kronewiter

Für die Anwohner der Siedlung am Ackermannbogen ist es eine freudige Nachricht: Die Ankündigung, dass das vom Parkchaos immer wieder geplagte Wohnquartier ein Parklizenzgebiet werden soll, dürfte Begeisterungsstürme hervorrufen. Das kann selbst ein Ortsfremder verstehen, der etwa zu Tollwood-Zeiten einmal versucht hat, mit dem Auto zum Schwabinger Kabarett-Abend zu fahren - vergeblich auf der Suche nach dem am Ackermannbogen vermeintlich freien Parkplatz. Ganz schlechte Idee!

Versteht man die Ankündigung der Verwaltung richtig, können im Zuge der Überarbeitung der Parklizenz-Gebiete noch weitere Wohnviertel auf Erleichterung hoffen. Respekt: Da haben sich Verkehrsexperten offenkundig ein paar hieb- und stichfeste Lösungen für Probleme einfallen lassen, die den Münchnern seit Jahren zu schaffen machen.

Wer die Verkehrssituation in der Stadt verfolgt, kann indes jenseits der Parklizenz-Debatte einige Besorgnis erregende und mitunter gegenläufige Entwicklungen festhalten. Man muss sie nur in einen Zusammenhang bringen: Erst vor Kurzem stellte OB Dieter Reiter (SPD) öffentlich Gedankenspiele an, ob man 2030 überhaupt noch Autos mit Verbrennungsmotor in die Innenstadt lassen könne. Parallel dazu wird aber über ein weiteres Parkhaus unter dem Rindermarkt diskutiert - die offizielle Sprachregelung lautet, das sei der Ersatz für das abzureißende Hirmer-Parkhaus. Jedoch stellt sich damit die Grundsatzfrage, ob es Sinn macht, aktiv zusätzlichen Verkehr in die Innenstadt zu locken.

Es wird ohnehin voll und voller zwischen Allach und Zamdorf. Am Isarring ließ sich kürzlich ein bezeichnendes Phänomen beobachten: Eine zusätzlich eingerichtete Fahrspur brachte nur wenige Monate Erleichterung. Nun ist der alte Stau zurück, weil sich die verbesserte Leistungsfähigkeit des Ringabschnitts flugs herumsprach. Wo sollen all diese Autos parken, wenn mehr und mehr Gebiete nur mit Parkwapperl angefahren werden können? Was nützt einem Anwohner seine Parklizenz, wenn er das Auto nirgendwo mehr hinbewegen kann, weil er am Ziel keinen Platz findet?

Der Verkehrs- und der Parkdruck erzwingen innovative Lösungen: etwa die Weitergabe des freien Stellplatzes tagsüber in der eigenen Tiefgarage, während man selbst das Auto am Arbeitsplatz stehen hat, via Mobilitäts-App. Mobilitätskonzepte funktionieren erstaunlich gut - im Kleinen, etwa wenn Genossenschaften wie im Domagkpark oder im Prinz-Eugen-Park diese vorantreiben. Stadtweit aber sucht man die große, die integrierte Lösung noch.

© SZ vom 18.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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