Kommentar:Der falsche Weg

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Die Frage, wie hoch die Häuser in München sein dürfen, sollte der Stadtrat beantworten. Denn dafür ist er gewählt - von den Bürgern

Von Sebastian Krass

Den Bürgerwillen und demokratische Prozesse ernst nehmen. Eine Entscheidung von historischer Tragweite auf eine breite Basis stellen. Auf Anhieb klingen die Argumente einleuchtend, mit denen die Grünen und fast alle kleinen Fraktionen für ein Ratsbegehren werben, also für eine vom Stadtrat initiierte Entscheidung der Bürger zu Hochhäusern jenseits der 100 Meter. Aber sie sind falsch.

Ja, es würde die Stadtsilhouette dauerhaft verändern, Hochhäuser künftig losgelöst von der historisch begründeten, aber in Wirklichkeit willkürlichen 100-Meter-Grenze zu planen - und dafür nach zeitgemäßen städtebaulichen Kriterien: etwa der richtigen Platzierung und einer Clusterbildung in der Stadt, aber auch der öffentlichen Zugänglichkeit. Es wäre eine wahrlich historische Entscheidung. Aber warum sollte sie nicht der Stadtrat treffen? Er beschließt ja auch Trassen für U- oder Trambahnen. Und er entscheidet, wo neue Siedlungsgebiete für Tausende oder gar Zehntausende Menschen entstehen - und wie diese dort zusammenleben. Ist das weniger wichtig oder weniger historisch als die Höhe von Gebäuden? Nein.

Der Stadtrat ist gewählt, die Planungshoheit der Kommune umzusetzen. Es ist seine wichtigste Kompetenz. Und deshalb sollte der Stadtrat sie auch beim Thema Hochhäuser voller Selbstbewusstsein nutzen. Die ersten Monate des neuen Jahres in München werden vom Kommunalwahlkampf geprägt sein. Die Parteien positionieren sich beim Thema Hochhäuser einigermaßen deutlich - und durchaus unterschiedlich. Und so ist die Kommunalwahl am 15. März 2020 auch dafür gut: dass die Wählerinnen und Wähler entscheiden können, wie sich das Aussehen der Stadt weiter entwickeln soll.

Wenn sich dennoch genug Menschen für ein Bürgerbegehren zur Hochhausfrage finden, auch gut. Dann soll es einen Bürgerentscheid geben. Aber ein von der Kommunalpolitik angestrengtes Ratsbegehren wäre eine Selbstverzwergung.

© SZ vom 13.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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