Klage gegen Corona-Auflagen:Wie hast du's mit der Kunst?

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Klägerinitiative scheitert vor dem Bundesverfassungsgericht

Von Rita Argauer, München

Einen nächsten Rückschlag muss die Initiative "Aufstehen für die Kunst" nun vor dem Bundesverfassungsgericht einstecken. Nach dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof haben nun auch die Verfassungsrichter den Eilantrag der klagenden Künstler und Künstlerinnen abgelehnt. Schon Ende vergangenen Jahres hatten sich bekannte Musikerinnen und Musiker der Klassikszene zusammengeschlossen, um juristisch gegen die massiven Einschränkungen der Kunstfreiheit zur Pandemiebekämpfung vorzugehen. Sie forderten die Kunstfreiheit, die in der Bayerischen Verfassung der Religionsfreiheit und der Versammlungsfreiheit gleichgestellt ist, auch in der Coronapolitik so zu behandeln. Denn während Gottesdienste und Demonstrationen unter Auflagen erlaubt blieben, wurden die Theater, Museen und Konzertsäle pauschal geschlossen.

Nachdem das Bayerische Verwaltungsgericht den Eilantrag dann im März abgelehnt hatte, kündigten die Sänger Wolfgang Ablinger-Sperrhacke, Kevin Conners und Christian Gerhaher, sowie der Dirigent und Organist Hansjörg Albrecht als Initiatoren der Klage gemeinsam mit der Geigerin Anne-Sophie Mutter, der Sängerin Okka von der Damerau und dem Dirigenten Thomas Hengelbrock an, vors Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Die eingereichte Verfassungsbeschwerde wurde nun auch in Karlsruhe abgelehnt. Nach Auffassung des Gerichts darf der Staat beim Kampf gegen die Pandemie nahezu frei schalten und walten. Nicht der Staat müsse den Nachweis führen, dass seine Maßnahmen erforderlich sind, sondern die Kultur solle den Gegenbeweis antreten.

Für die Initiative ist das eine herbe Enttäuschung, weil sie Begründungs- und Nachweislast vertauscht sieht: "Nicht der Staat muss den Nachweis führen, dass seine Maßnahmen erforderlich sind, sondern die Kultur soll den Gegenbeweis antreten - was sie aber gar nicht kann", erklärten die Kläger am Freitag. Außerdem fielen die Kläger wegen der zunehmenden Öffnungen im Kulturbereich aus einer "konkreten Grundrechtsbetroffenheit" heraus, begründet das Gericht weiter. Ebenso wurden pauschale Erwägungen zur fehlenden Planungssicherheit bei wieder anziehenden Inzidenzwerten nicht akzeptiert.

Obwohl dank der rückläufigen Inzidenz seit kurzer Zeit wieder Kulturveranstaltungen mit Publikum stattfinden dürfen, hatte sich die Initiative zuvor für den Gang nach Karlsruhe entschieden. Man wollte eine Grundsatzentscheidung zur Kunstfreiheit. Nun hätten die Bundesverfassungsrichter "eine unüberwindbare Hürde aufgestellt": Es sei nicht an den Einzelkünstlern zu beweisen, dass "Kulturveranstaltungen zu 100 Prozent sicher sind", denn dieser Anspruch werde keineswegs an Einzelhandel, körpernahe Dienstleistungen oder auch religiöse Veranstaltungen angelegt, erklären die Kläger. Schon zum Zeitpunkt der Klage hatte das Thema allerdings etwas an Brisanz verloren, nicht nur wegen zunehmender Öffnungen. Durch Testungen sind nun etwa auch geringere Orchesterabstände wieder möglich - so können gerade auch lange nicht gehörte, groß besetzte Orchesterwerke gespielt werden. Die Frage nach dem Wert der Kunst für die deutsche Gesellschaft, ist damit aber immer noch nicht entschieden. Oder bittererweise eben doch.

© SZ vom 29.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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