Kerzen, Pechpfannen, Elektrizität:Wie München leuchtet

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Auf unterschiedliche Arten wurde in der Stadt Licht ins Dunkel gebracht

Von Wolfgang Görl

Der Rhythmus von Tag und Nacht bestimmte das Leben der Menschen im Mittelalter ungleich stärker als heute. Mit dem Einbruch der Dunkelheit endete der Arbeitstag, das war in München nicht anders als in Regensburg oder Köln. Den meisten Bewohnern der Städte, aber auch der Dorfbevölkerung blieb gar nichts anderes übrig, als ins Bett zu gehen. Als Lichtquelle standen einzig Kerzen zur Verfügung, aber diese waren teuer, und allenfalls reiche Bürger, Adelige oder Klöster konnten es sich auf Dauer leisten, ihre Räume stundenlang mit den kostspieligen Wachsfunzeln zu illuminieren. Doch auch das war nicht unbedingt gern gesehen. Wie jede offene Flamme bargen Kerzen die Gefahr, einen Brand auszulösen. Das mittelalterliche München ist von mehreren verheerenden Feuersbrünsten heimgesucht worden. Die weitgehend aus Holz errichteten mittelalterlichen Städte brannten wie Zunder.

Um 1700 begannen die ersten Münchner Bürger, an ihren Hausfassaden Beleuchtungen zu installieren. Sie verwendeten sogenannte Pechpfannen, das waren Körbe aus Gusseisen, die mit Talg aus Schlachtabfällen, dem Unschlitt, gefüllt waren. Das war billiger als Öl, hatte aber den Nachteil, unangenehm ranzig zu riechen. Im Jahr 1731 verfügte Kurfürst Karl Albrecht, ein Illuminationsamt einzurichten. Innerhalb weniger Monate installierte man 600 Unschlittlaternen, welche die Pechpfannen als Straßenbeleuchtung ablösten.

Im 19. Jahrhundert übernahm die Stadt die Aufgabe, Licht ins nächtliche München zu bringen. Zunächst setzten die Behörden ebenfalls auf Unschlittlaternen, deren Zahl bis Anfang der 1830er Jahre auf 1211 stieg. Zu dieser Zeit illuminierten bereits die viel helleren Gaslichter viele europäische Metropolen, München war lichttechnisch abgehängt. Als zur Mitte des Jahrhunderts das Gaswerk an der Thalkirchner Straße errichtet wurde, waren die Voraussetzungen für eine modernere Beleuchtung geschaffen. In den folgenden Jahrzehnten erhellten Gaslaternen die Münchner Nacht.

Damit war die Innovationskraft der Stadt aber nicht erschöpft. Noch vor der Jahrhundertwende brachten die ersten elektrischen Lampen die Münchner Straßen zum Leuchten. Den elektrischen Strom lieferten Wasserkraftwerke. München galt zu dieser Zeit als die Stadt mit der umfangreichsten elektrischen Straßenbeleuchtung Europas. Auch Theater, Hotels, Vergnügungsstätten und schließlich private Haushalte setzten zunehmend auf elektrisches Licht. Die Grenzen zwischen Tag und Nacht, die das mittelalterliche Leben bestimmt hatten, verschwammen zusehends. Das betraf selbstverständlich auch die Arbeitswelt. In den Fabriken und Manufakturen konnte nun auch nachts gearbeitet werden, sehr zum Leidwesen der Arbeiter. Sie hatten wenig bis nichts vom Nachtleben, das in Amüsierbetrieben und Wirtshäusern stattfand - bei hellem Licht und mitunter in dunklen Ecken.

© SZ vom 21.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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