Katholische Kirche:Debatten um Hilfe des Kardinals

Lesezeit: 2 min

Reinhard Marx erntet mit seinen Spenden für die Seenotrettung Dank, aber auch Kritik

"Schleuser-Kardinal", "populistisches Rotkäppchen", "Kardinal Marx treibt die Christen aus der Kirche und islamisiert Europa": Das sind nur drei Beispiele von vielen Beschimpfungen nach der Meldung, dass Kardinal Reinhard Marx schon zum dritten Mal eine Spende von 50 000 Euro für private Initiativen veranlasst hat, die Migranten im Mittelmeer aus Seenot retten. Auf der anderen Seite gab es Zustimmung: "Großartiges Zeichen, danke! Es gibt doch noch Momente, wo man auf seine Kirche stolz ist!", "Gelebte Ökumene im Zeichen der Menschlichkeit", "Danke für den Mut!". Neben Kritik und Lob prägen zwei Fragen die Debatte: Darf der das? Und woher nimmt der Kardinal das Geld?

Eine Umfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Bistümern zeigt, dass nicht nur in München Bischöfe spontan auf besondere Ereignisse reagieren. Was war passiert: Der Münchner Kardinal hatte eine Spende von 50 000 Euro für "United 4 Rescue" veranlasst. Das von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) initiierte Bündnis will ein Schiff zur Seenotrettung im Mittelmeer finanzieren. Ende 2018 und Anfang 2019 hatte Marx zweimal Spenden von je 50 000 Euro für ähnliche Initiativen auf den Weg gebracht - und war auch dafür beschimpft worden.

Das Geld stammt aus dem regulären Etat des Erzbistums München und Freising, der sich großteils aus Kirchensteuern speist. Dem Erzbischof steht daraus jährlich eine bestimmte Summe zur Verfügung. Damit kann er kurzfristig unbürokratisch helfen. Bedacht werden soziale, karitative und weltkirchliche Zwecke, heißt es im Erzbistum. Die genaue Summe war nicht zu erfahren, Ende 2018 war mal von 1,5 Millionen Euro die Rede. Auch diese Antwort stellt viele nicht zufrieden: "Das sind auch meine Kirchensteuern, die Herr Marx hier verschenkt", heißt es etwa auf Twitter. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Johannes Huber schreibt: "Marx veruntreut 50 000 Euro aus Kirchensteuergeld. Das Geschäft der Schlepper fördert er damit ebenso wie sein evangelischer Amtsbruder". Gemeint ist Bayerns Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. Der EKD-Ratsvorsitzende hatte sich bei Marx für die Hilfe bedankt und berichtet, dass er Morddrohungen erhalten habe wegen seines Einsatzes für die Seenotrettung.

Unabhängig von der politischen Bewertung - die Tatsache, dass ein Bischof solches Geld zur Verfügung hat, ist nicht ungewöhnlich. Auch in Bamberg, Würzburg und Paderborn zum Beispiel sind Katastrophenfonds im Haushalt eingeplant. In Bamberg sind es 300 000 Euro, im Bistum Würzburg 400 000 Euro. Andere Bistümer berichten von ähnlichen Töpfen, die nicht nur für Auslandshilfe genutzt werden. Unterstützung finden etwa auch in Not geratene Familien aus dem Bistum oder schwangere Frauen. Einen Aspekt betonen alle Befragten: Kein Cent werde an den Büchern vorbei ausgegeben. Alles werde korrekt verbucht.

© SZ vom 13.01.2020 / KNA - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: