Kabarettisten zu München:"Der Bayer macht sich gern zum Deppen"

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Die Kabarettisten Ottfried Fischer und Christian Springer diskutieren über das Wesen des Münchners und darüber, wie Bayern Geld verdienen.

Wolfgang Görl

Die Frage nach dem Wesen des Münchners gilt unter Experten als noch komplizierter als die Frage nach dem Wesen des Menschen. Diese kann zumindest mit Verweis auf gewisse Unterschiede zum Tier - der Mensch trägt Kleidung und isst mit Besteck, dass Tier nicht - beantwortet werden, wenngleich auch da Zweifel bleiben. Will man aber die spezielle Natur des Münchners ergründen, muss man herausfinden, was ihn von der übrigen Menschheit unterscheidet - eine Spurensuche, die meist im Bodenlosen endet.

Der niederbayerische Bauernsohn Ottfried Fischer bekennt sich zu seiner Heimatstadt: "Ich fühle mich nicht als echter Münchner, aber ich sehe München als meine Heimat an. Für mich ist Heimat, wo man verstanden wird, und die Münchner verstehen mich schon." (Foto: Foto: ddp)

Der Münchner ist schwer auf den Begriff zu bringen, und wer sich am Sonntag mit der Hoffnung auf tiefere Einblicke in die Bibliothek der Monacensia begab, der war hinterher vielleicht nicht schlauer, aber er hatte zumindest einen vergnüglichen Vormittag erlebt.

Die Kabarettisten Ottfried Fischer und Christian Springer, behutsam geleitet von Monacensia-Chefin Elisabeth Tworek, philosophierten und witzelten dort über das Münchnerische, was erwartungsgemäß zu keiner wissenschaftlich einwandfreien Definition führte, aber immerhin zu einigen erwägenswerten Thesen. Demnach ist der Münchner zwar ein Mitglied des bayerischen Volksstammes, gleichzeitig aber ein Menschenschlag sui generis, der sich von anderen Bayern deutlich unterscheidet - man weiß nur nicht genau, worin. Zweitens ist der echte Münchner so von seiner Heimatstadt überzeugt, dass er ein Leben außerhalb Münchens für undenkbar hält.

Der Münchner - eine gespaltene Persönlichkeit

Letzteres wenigstens ließ Christian Springer, gebürtiger Münchner und mit der Figur des Grantlers "Fonsi" populär geworden, anklingen, als er mit toternster Miene verkündete, es sei für ihn unvorstellbar, außerhalb von München zu wohnen - "nicht mal in Haar". Zuvor musste er sich allerdings vom niederbayerischen Bauernsohn Ottfried Fischer sagen lassen, der echte Münchner sei eine gespaltene Persönlichkeit nach dem Muster von Dr.Jekyll und Mr. Hyde. In Niederbayern führe er sich auf wie "der Despot aus der Hauptstadt", daheim aber sei er "super". Das wiederum hielt Fischer, der sich selbst als "multikulturellen Wechselbalg" betrachtet, nicht davon ab, sich auf paradoxe Weise zu München zu bekennen: "Ich fühle mich nicht als echter Münchner, aber ich sehe München als meine Heimat an. Für mich ist Heimat, wo man verstanden wird, und die Münchner verstehen mich schon."

Wie "bayerische Deppen" richtig abkassieren

Das Stichwort Verständigung führt zwangsläufig auf das weite Feld von Sprache und Dialekt, auf dem die beiden Kabarettisten kreuz und quer ihre Furchen zogen. Der Dialekt, sagte Springer, hänge stark von der Person ab, er klinge mal so und mal so, allein für die Aussprache des Buchstabens "a" gebe es im Bairischen zig Varianten, und mit der Schriftsprache sei da überhaupt nichts auszurichten. Immerhin, fügte Ottfried Fischer hinzu, hätten es die Bayern geschafft, ihren Dialekt in ganz Deutschland populär zu machen. "Früher waren wir Bayern die Deppen", in der heutigen TV-Welt hingegen habe "nur das Bayerische eine Chance". Die Neigung der Bayern, sich insbesondere vor norddeutschem Publikum zum Kasperl zu machen, hat Christian Springer zufolge vor allem ökonomische Ursachen: "Der Bayer macht sich gern zum Deppen, weil man damit Geld verdienen kann." Schon vor hundert Jahren hätten die bayerischen Bauern spitzgekriegt, dass Sommerfrischler aus Köln oder Berlin mit großem Interesse zusähen, wenn sie einen Baum fällten. Also haben sie auch auf der Bauernbühne Holz gesägt und dafür Eintritt kassiert.

Am Ende wollte Elisabeth Tworek wissen, wo München am münchnerischsten sei. "Dort, wo es sauber ist", antwortete Fischer. "Du kannst allein in der Nacht auf die Straße gehen, und dies nimmt man gerne in Kauf, selbst wenn man ein Feind der CSU ist." Auch Christian Springer hatte sofort eine Antwort parat: "Am münchnerischsten ist es bei mir daheim."

© SZ vom 12.01.2009, sh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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