JVA Stadelheim:Neuer Gerichtssaal mit explosionssicheren Decken

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Den Gerichtssaal besichtigten Bayerns Justizminister Winfried Bausback (r.) und sein sächsischer Amtskollege Sebastian Gemkow. (Foto: dpa)

In Stadelheim entsteht ein Hochsicherheits-Gerichtssaal für große Prozesse - damit die Münchner Justiz nicht mehr ständig improvisieren muss.

Von Christian Rost

Wenn die Angeklagte Beate Zschäpe vom Frauengefängnis in Stadelheim ins Strafjustizzentrum zum NSU-Prozess gebracht wird, steht der Verkehr auf der Route Richtung Innenstadt still. Der mit Blaulicht und Sirenengeheul durch die halbe Stadt rasende Polizei-Konvoi hat Vorfahrt. Morgens stadteinwärts, abends zurück in die JVA - unter massiven Sicherheitsvorkehrungen erfolgen diese Transporte.

Das soll sich Anfang 2016 ändern, wenn der neue Hochsicherheitsgerichtssaal auf dem Gelände der JVA Stadelheim fertig gestellt ist.

In dem halb in die Erde eingegrabenen Bau aus Stahlbeton, den Bayerns Justizminister Winfried Bausback und sein sächsischer Amtskollege Sebastian Gemkow am Donnerstag besichtigten, soll dann gegen Terroristen, Mafiosi und andere Schwerkriminelle verhandelt werden. Einschließlich einer neuen Turnhalle für die JVA kostet der Bau 15 Millionen Euro, in dem ein 270 Quadratmeter großer Sitzungssaal mit Platz für 207 Personen untergebracht ist.

33 zusätzliche Plätze für spektakuläre Verfahren

Angeklagte werden direkt aus ihren Haftzellen durch einen unterirdischen Tunnel und durch eine Sicherheitsschleuse in den Hochsicherheitssaal geführt. Der Eingang für Zuschauer, Medienvertreter und Anwälte befindet sich außerhalb der Gefängnismauern an der Stettnerstraße. Dort geht es zunächst hinein in den verglasten Eingangsbereich und dann einen Stock tiefer zu den Personenkontrollen. Bei Prozessen mit besonders großem öffentlichen Interesse - wie aktuell dem NSU-Verfahren - kann eine mobile Tribüne für 33 zusätzliche Zuhörerplätze eingebaut werden, bei weniger spektakulären Verfahren lässt sich der Saal mittels Trennwand in zwei kleinere Säle teilen.

Minister Bausback betonte, dass der Sicherheitsaspekt aber sehr viel wichtiger sei als etwa die Größe der Räume. Deshalb wurde das Gebäude mithilfe der Bundeswehr mit bis zu ein Meter dicken, explosionssicheren Decken ausgestattet. Im Außenbereich sollen gespannte Stahlseile Ausbruchsversuche mit Hubschraubern verhindern.

Während es andernorts in Deutschland - etwa in Düsseldorf - längst speziell gesicherte Säle gibt, in denen zum Beispiel gegen Mitglieder der Terrororganisation Islamischer Staat verhandelt wird, muss die Münchner Justiz bislang improvisieren. Im Strafjustizzentrum werden in solchen Fällen Sicherheitsbereiche provisorisch mit mobilen Holzwänden abgetrennt und vor den jeweiligen Verhandlungssälen zusätzliche Personenkontrollen eingerichtet.

Das erfordert jedesmal viel Personalaufwand, weshalb Wachtmeister an anderer Stelle fehlen. Die Richter an den Amts- und Landgerichten müssen an solchen Tagen mitunter mehrere Stunden warten, bis ihre weniger wichtigen Angeklagten vorgeführt werden. Das geplante neue Strafjustizzentrum am Leonrodplatz wird erst in fünf Jahren zur Verfügung stehen. Spatenstich für das Projekt ist im November.

In besonders brisanten Fällen ist in der Vergangenheit schon in Stadelheim verhandelt worden. Für einen Mordprozess gegen den gefürchteten russischen Mafiapaten Alexander Bor ließ die Justiz einen Konferenzraum in der Haftanstalt in einen Gerichtssaal umwandeln, damit mögliche Befreiungsaktionen beim Transport des Angeklagten ausgeschlossen werden konnten.

© SZ vom 31.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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