Jugendtheater:Spürnasen hinter den Kulissen

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Wie es hinter den Theaterkulissen zugeht, erklären die Inspizientin Jeannine Koda und der Techniker Andreas Faessler den Besuchern. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Schauburg am Elisabethplatz startet mit einem Fest in die neue Spielzeit

Von Barbara Hordych

Für Schauspieler ist es sicher eine der größten anzunehmenden Schrecksituationen: Die Vorstellung soll gleich beginnen, aber einer ihrer Mitspieler ist plötzlich verschwunden. In diesem Fall handelt es sich um die Halb-menschengroße Puppe, die in Martin Baltscheits skurrilem Integrationsstück "Besuch aus Tralien" als "Kind" der Schauspieler Simone Oswald und David Benito Garcia auftritt. "Wenn ich jetzt die Polizei rufe, dann müssen wir unser Fest höchstwahrscheinlich sofort beenden", erklärt Intendantin Andrea Gronemeyer den Kindern, die sich am Infopoint im Erdgeschoss der Schauburg versammelt haben und ihr gespannt zuhören.

Es ist Samstagvormittag, und das Theater der Jugend am Elisabethplatz eröffnet seine zweite Spielzeitsaison unter der neuen Burgherrin mit einem Tag der offenen Tür. Obwohl draußen die Sonne und der Wiesn-Beginn locken, wimmelt es im Foyer von kleinen und großen Theaterfreunden, die neugierig sind auf das vielfältige Programm zum Mitmachen und einen Blick hinter die Kulissen werfen wollen. Offensichtlich hat es sich nach dem Auftakt im vergangenen Jahr unter den Münchner Familien schon herumgesprochen, dass dieses Fest einen Besuch lohnt.

Angekündigt sind eine Krimi-Rallye, Backstage-Führungen, Speed-Dating mit den Künstlern, Konzerte sowie Shortcuts, ein Potpourri aus Inszenierungen. Und das soll nun gleich schon wieder vorbei sein? Ungläubiges Kopfschütteln unter den jungen Zuhörern ringsum. Doch da die rettende Idee: Warum nicht selber Detektiv spielen und die vier Hauptverdächtigen genauer ins Visier nehmen? Rasch sind die Teilnehmer der Krimi-Rallye - denn um die handelt es sich hier - in vier Gruppen aufgeteilt, dann geht es treppauf, treppab bis unter das Dach der Burg, in Gefilde, die Zuschauer normalerweise nie zu sehen bekommen.

Besucht wird beispielsweise der Verwaltungsleiter Aaron Menzel, der für alles zuständig ist, was mit Geld und Personal zu tun hat. "Hier im Haus sind das vierzig festangestellte Mitarbeiter", erklärt er Kindern und Erwachsenen seine Funktion. Doch erst in der Künstlergarderobe werden die Nachwuchsdetektive fündig. Dort hören sie es verräterisch knistern, ertappen sie die Puppenspielerin Helene Schmitt dabei, wie sie hastig etwas in eine Kiste stopft - die Puppe. Aber warum? "Weil die Puppe nie macht, was ich will", erklärt die entnervte Spielerin den Kindern. Aber die Vorstellung deshalb einfach platzen zu lassen, das gehe doch gar nicht, geben sie zu bedenken. Der achtjährige Ben schlägt eine Lösung vor: "Ihr könnt doch einen Vertrag machen: Vier Tage in der Woche macht die Puppe das, was du willst - und an dem fünften Tag machst du das, was die Puppe will."

Im wirklichen Bühnenleben ist es die Inspizientin Jeannine Koda, die dafür sorgt, dass genau so etwas - eine verschwundene Requisite - nie passiert. "Ich koordiniere alles um die Schauspieler herum, bin zuständig, wenn etwas leuchtet, knallt oder auch ein Schuh auf die Bühne fällt", erklärt sie bei einer "Backstage-Rallye". Gemeinsam mit dem Bühnentechniker Andreas Faessler führt sie eine Besuchergruppe zu einem großen Tisch mit Besteck, Büchern, Lampen, Babywiege. "Was aussieht wie ein großer, chaotischer Haufen, ist in Wahrheit ganz genau sortiert, in der Reihenfolge, in der die Requisiten in der Vorstellung gebraucht werden", sagt Faessler. Die Puppe sei ihnen glücklicherweise noch nie abhanden gekommen, erklärt die Inspizientin. "Das Schlimmste, an was ich mich erinnere, sind zwei gerissene Hosenträger, die wir während der Vorstellung flicken mussten."

© SZ vom 24.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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