Jugendliche überfallen 46-Jährigen:"Ich schlitz dich auf!"

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Fünf Jugendliche greifen einen Mann in Neuperlach an. Nur weil ein Augenzeuge eingreift, kann Schlimmeres verhindert werden.

Susi Wimmer

"Wäre der junge Mann nicht dazwischengegangen, würden wir uns jetzt sicher nicht mehr unterhalten." Auch fünf Tage nach dem Vorfall in Neuperlach ist der 46-jährige Markus W. (Name geändert) noch immer fassungslos ob der "explosionsartigen Gewalt": Weil er fünf Jugendliche im Supermarkt ermahnt hatte, sich nicht vorzudrängeln, lauerten sie ihm auf, beschädigten sein Auto, bespuckten, beschimpften ihn, wollten auf ihn einschlagen, als der 20-jährige Saher M. mutig dazwischenging und die Täter in die Flucht schlug. Drei von ihnen wurden später festgenommen.

Drei der Täter wurden von der Polizei gefasst. (Foto: Foto: dpa)

Was wäre, wenn ...? Diese Frage hat sich Markus W. seit Freitag oft gestellt. Er hat an Dominik Brunner gedacht, an die Schläge am Sollner S-Bahnhof und sich gefragt, wie die Sache ausgegangen wäre, hätte er an einem menschenleeren Bahnsteig gestanden, fünf aggressiven Jugendliche gegenüber. "Dann könnt ich jetzt Suppe mit Strohhalm trinken", versucht er es mit Galgenhumor.

Am Freitag gegen 19:50 Uhr wartete Markus W. im Rewe-Markt an der Albert-Schweitzer-Straße an der Kasse, als sich fünf Jugendliche vordrängelten. "Könnt ihr euch nicht anstellen?", fragte er. "Hast du ein Problem", blafften sie zurück. Und Markus W. antwortete: "Das werde ich rausfinden." - "Hätt ich das nicht sagen sollen, war das zu viel?", fragt sich der 46-Jährige heute. Hätte er das Verhalten der Jugendlichen ignorieren sollen, "aber ist ignorieren richtig?"

"Gehen Sie nicht raus"

"Ich schlitz dich auf", sagte einer der Jugendlichen. Die Beleidigungen und Bedrohungen eskalierten, die Supermarktleiterin ließ die fünf hinauswerfen. Doch sie warteten draußen auf Markus W. "Gehen Sie nicht raus", warnte ihn die Chefin. "Soll ich mich einschüchtern lassen, ihnen das Signal geben, dass sie mit ihrer Aggression recht haben", dachte sich der 46-Jährige. Dann ging er hinaus. Etwa 50 Meter weit zu seinem Auto. Die fünf folgten.

Als er den Kofferraumdeckel öffnete, ging es los. W. versuchte zu deeskalieren, sagte, er habe sich nicht richtig verhalten, sie auch nicht, es sei ein Missverständnis gewesen. Doch die Jugendlichen hatten sich hochgeschaukelt, "eine unglaubliche Aggressionsspirale", sagt der Münchner. So etwas habe er noch nie erlebt. Die Täter verlangten Geld, traten eine Delle in den Wagen. Sie beleidigten, spuckten, schlugen mit der Faust nach ihm und drohten, ihn umzubringen.

In diesem Augenblick kam Saher M., 20 Jahre alt, Maler von Beruf. Er hatte in der Nähe mit seiner Freundin gestanden und alles beobachtet. "Wenn ich mir vorstelle, das wäre mein Vater", versucht Saher M. zu erklären. Er habe nicht lange überlegen müssen, für ihn war klar, er müsse handeln. Dann rennt er auf die Gruppe zu, schubst die Schläger weg und schreit: "Geht weg, ihr seid doch keine Kinder." Er habe die fünf vom Sehen her gekannt, "vermutlich haben sie deshalb auf mich gehört." Solche Szenen, sagt der 20-Jährige, habe er schon öfters erlebt. "Die Kinder werden immer schlimmer." Er wolle nicht, dass seine Generation blamiert wird, "sonst heißt es, alle jungen Leute sind so schlimm."

Einer der Täter, ein 17-jähriger Schüler, stellte sich bei der Polizei. Ein 17- und eine 22-Jährige wurden von der Polizei ermittelt, nach den letzten beiden wird noch gefahndet.

© SZ vom 26.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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