Inline-Skater:Abfahrt mit Glückshormonen

Lesezeit: 2 min

Markus aus Hamburg erklärt München zur Hauptstadt der Inline-Skater. Seit acht Jahren ist er auf Rollen unterwegs und weiß zahlreiche Anekdoten zu erzählen.

Von Markus Schäflein

Wieder einmal täuscht der erste Eindruck. Markus wirkt nicht wie ein passionierter Sportler. Er trägt eine lange Mähne, eine Nickelbrille und weist mit 30 Jahren schon einen leichten Bauchansatz auf. Kaum hat er eine Zigarette fertig geraucht, dreht er schon die nächste.

Inlineskaten sei gar nicht anstrengend, sagt Markus. (Foto: Foto: dpa)

Er entspricht eher dem Klischee eines Langzeitstudenten; aber sein Studium der Romanistik und Sprachlehrforschung hat er gerade abgeschlossen. Und auch der Eindruck, er sei nicht sportlich, täuscht. Markus hat seine Inline-Skates dabei, er ist auf dem Weg zum Olympiapark. Er fährt mindestens dreimal pro Woche, entweder dort oder an verschiedenen Abschnitten entlang der Isar.

Markus ist erst in diesem Sommer von Hamburg nach München gezogen, die Strecken hat er sich im Internet zusammengesucht. In keiner Sportart gibt es so viele einschlägige Seiten mit Streckenvorschlägen wie beim Inline-Skaten. Natürlich hat Markus auch die Blade-Night ausprobiert, aber diese Veranstaltung hat seiner Meinung nach einen entscheidenden Nachteil: "Da fahren ja Hinz und Kunz mit."

Und in München wird, im Gegensatz zu ähnlichen Veranstaltungen in seiner Heimatstadt Hamburg, nicht die gesamte Strecke abgesperrt. Die Polizei sichert nur Teilstücke. Was den Vorteil hat, dass man auch einmal auf dem Mittleren Ring fahren darf, weil keine allzu langen Absperrungen nötig sind.

Kinderwagen auf der Blade Night - nein danke

Aber es hat eben den Nachteil, dass sich die Fahrer drängeln und ein Könner wie Markus oft im Stau steht. "Einmal hatte eine Frau ihren Kinderwagen dabei, mit Kind drin", sagt er, "da hört es ja wohl auf." Insgesamt hält der Hamburger München für die Inline-Hauptstadt in Deutschland. "Nirgendwo sieht man so viele Skater in den Parks wie hier", meint er.

Markus weiß aus Erfahrung, was so viele Menschen an dieser Sportart fasziniert. "Man hat das Gefühl, selbst stillzustehen, und die Landschaft rast vorbei", sagt er. "Wie beim Zugfahren, wenn man aus dem Fenster schaut. Nur an der frischen Luft."

Dazu ist allerdings gutes Können erforderlich. "Die Technik muss so automatisiert sein, dass man sich auf das Fahren überhaupt nicht mehr konzentrieren muss", sagt er, "nur dann kann man die Geschwindigkeit genießen." Während Anfänger oft flache Stücke bevorzugen, machen für ihn die Abfahrten eine gute Inline-Strecke aus. Wie auf dem Weg von Solln nach Thalkirchen entlang der Isar, auf der Strecke der alten Isartal-Bahn. "Da freue ich mich schon auf die Abfahrten, bevor ich losgefahren bin", sagt er.

Mit 40 Stundenkilometern in die Radarfalle getappt

Markus skatet seit acht Jahren, er hat mittlerweile viele Anekdoten auf Lager. Er kann stundenlang von seinem Sport erzählen. Einmal ist er mit 40 Kilometern pro Stunde durch eine Radarfalle gefahren, ein anderes Mal wurde er auf dem Weg durch Hamburg von der Polizei verfolgt. Inline-Skater gelten als Fußgänger, deshalb dürfen sie nicht auf der Straße fahren. Markus hatte sich nicht daran gehalten, aber mit den Inline-Skates konnte er die Polizei im Stadtverkehr mühelos abhängen.

Auch wenn es nahe liegt - im Alltag benutzt er die Inline-Skates nicht als Fortbewegungsmittel: "Ich fahre normalerweise nicht damit zum Einkaufen", sagt er.

Die Abläufe beim Inline-Skaten hat er mittlerweile so automatisiert, dass er die körperliche Anstrengung kaum mehr spürt. "Durch die Geschwindigkeit werden Glückshormone freigesetzt, die dazu beitragen, dass man die Anstrengung nicht spürt", sagt er und dreht sich eine Zigarette, "ich merke dann erst hinterher, dass ich geschwitzt habe."

Nur die Schweißperlen auf der Stirn beweisen, dass Inline-Skaten durchaus eine anstrengende Sportart ist. Ansonsten empfindet Markus beim Fahren eher Entspannung als Anstrengung: "Beim Treppensteigen in den zweiten Stock merke ich die vielen Zigaretten eher als beim Skaten."

© SZ vom 6.10.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: